Alles hat seine Zeit...Sein und Werden

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist: Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden. (Prediger 3, 1 - 8, die Bibel)

23. Dezember 2014

Zur heil`gen Krippe auf dem Wickeltisch...

Weihnachten geht dieses Jahr irgendwie so an mir vorbei, in Anbetracht der Tatsache der sich nahenden Geburt unseres Erstgeborenen.
Dabei haben diese Maria und ich doch soviel gemeinsam im Moment. Abgesehen vom Namen, der ja der gleiche, nur in unterschiedlichen Sprachen ist, sind wir in sehr ähnlich trächtig, angespannter Erwartung.
Jetzt ist es für jemanden, der, so wie ich, ein Kind in sich trägt, sich monatelang auf den neuen Erdenbürger vorbereitet, schon ein unglaubliches Ereignis. Wäre es nicht zum Einen das "Normalste auf der Welt", könnten die Wandlung von Wasser in Wein und die wundersame Brotvermehrung eigentlich heimgehen, angesichts des Wunders, der Menschwerdung von zwei sich ergänzenden Zellen. Wie traurig, dass wir, weil so eine Zeugung und so eine Geburt doch so alltäglich, ja eigentlich allsekündlich stattfindet, sie so sehr bagatellisiert haben, dass man damit eigentlich alles machen kann...aufhalten, unterbrechen, wegmachen.
Wie muss es Maria wohl gegangen sein, die nicht nur das Wunder des Werdens miterlebt hat, sondern es sich dabei auch noch um die Menschwerdung von Gottes Sohn höchstpersönlich handelte? Und auf einmal klingt das "Menschwerden" sofort wieder fromm. Dabei ist es gar nicht so fromm, heilig schon, aber nicht fromm. Als Jesus durch eine (ganz normale) Frau geboren wurde und eine ganz normale Kindheit, Pubertät und einfach ein für damalige Verhältnisse relativ normales Menschenleben lebte, da war er eben alles andere als fromm und distanziert. Mit Jesus küsste Gott die Menschheit und überreichte ihr das grandioseste Geschenk, sein Alles, sein Liebstes. Und er wusste und auch Jesus wusste, dass er eines Tages abgeschlachtet werden würde. Und wofür das Ganze? Das wissen wir ganz genau. Wir Menschen sind nicht so gut und toll, wie wir immer tun und uns einreden wollen. Sünde existiert und man muss sich dabei nicht gutreden, indem man sich der Unschuld in der Causa Mord, Verbrechen oder ähnlich Offensichtlich brüstet. Wir tendieren dazu uns, unsere Familien, unsere Gesellschaft unsere Welt selbst zu zerstören. Wir hassen nicht unbedingt, aber wir lieben auch nicht jeden. Wir tun was das Ego begehrt, auch wenn dabei andere auf der Strecke bleiben. Wir bereichern uns. Wir drehen uns um uns. Und während ich das schreibe, habe ich nicht mal einen Kieselstein in der Hand, denn ich versuche mich nicht mehr gut zu reden.
Das große ABER, warum mich die ganze Geschichte mit so Begriffen wie Glauben und Sünde und Jesus und wasweißich nicht total aus der Fassung bringen und Empörung lostritt, ist, dass ich weiß, dass ich trotz alledem einfach geliebt bin. Und zwar nicht - und es ist ein großes Privileg, dass das so ist - von meinem Mann, meiner Familie, meinen Freunden. Sondern von einem mächtigen, heiligen Gott. Und will alles um mich herum einstürzen, so weiß ich trotzdem, dass ich geliebt werde. Und - ich glaub ihm das! Ganz einfach ist das, so einfach kann Glaube sein. Jesus, ein Mensch, wie du und ich (und ja, Jesus, war als Kind sicher auch nicht immer brav und er ist sicher schon gar nicht dickbäuchig mit Heiligenschein und Schwurhand auf Mamas Schoß gesessen) und gleichzeitig Gott - mächtig, heilig und die Liebe in Person.
Wir tun uns ja schwer damit, verschiedene Wesenszüge, die wir gerne wertend kategorisieren, nebeneinander zuzulassen. Begriffe wie Heiligkeit, Macht, usw. werden in ein verstaubtes, beklemmendes Tabernakel gesteckt, dass bei Bedarf, 1x im Jahr in der Kirche ausgepackt wird und danach wieder dort eingeschlossen werden sollte. Es wird nicht mit Liebe, Geduld, Sanftmut in Verbindung gebracht. Tja, Gott ist halt eher so out of the box. Da können wir ihn auch nicht into the box stecken - auch wenn das seit Jahrhunderten versucht wird. Diese Erfahrung muss jeder selbst mit diesem Gott, mit diesem Jesus, der so anders ist, als wir ihn einordnen wollen, machen.
Und wenn man dann die Erfahrung gemacht hat, dann ist das so, wie dem "bevor" man Kinder hat und dem "nachdem" man Kinder bekommen hat - man versteht, man ist verliebt, man ist verändert.
Dieses Weihnachten steht unsere Krippe auf dem Wickeltisch - wie passend die Metapher, denn genau darum wurde Jesus von Gott als Mensch zu uns geschickt. Wenn wir das wollen, wenn unser Herz danach schreit, dann wechselt er unsere vollgeschi***nen, stinkenden Windeln, streichelt uns zärtlich, lächelt uns an und pflegt uns mit Balsam...

In diesem Sinne wünsche ich euch das Erlebnis von Jesus die volle Windel gewechselt zu bekommen.
Mit Vanillekipferl im Bauch, Wasser in den Beinen und Freude im Herzen wünsche ich euch ein gesegnetes Weihnachtsfest!


Hörprobe: Oh holy night - Daniel & Miriam Fankhauser

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