Alles hat seine Zeit...Sein und Werden

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist: Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden. (Prediger 3, 1 - 8, die Bibel)

26. Januar 2016

Vom eins Werden...

Wir sind eins geworden. Also, mein Sohn und ich. Achso, nein, wir sind nicht nur ein superduper, symbiotisches Team, sondern wir sind das auch ein Jahr lang schon. Um diese Zeit vor einem Jahr lag ich in den Wehen, ohne Pause und wusste nicht was mit mir geschieht vor lauter (sehhhhhhr lauten) unsäglichen Schmerzen - wie das halt so totaaaal normal ist, wenn man ein Baby zur Welt bringt (bringen ist ja solch Untertreibung). Um 21:49 Uhr lag meine Würmchen auf meinem Bauch und sein bloßes Dasein war alles, was jemals gezählt hat. Die Welt stand still und muss sich in diesem heiligen Moment des Er-Scheinens meines Kindes im Kern irgendwie gedreht haben, denn ab da war alles anders.
Ein Jahr bin ich also schon Mama meines ersten geborenen Kindes (man ist es ja davor auch schon und eines meiner Babys darf ich einmal im Himmel kennen lernen). Ein Jahr lang habe ich euch an meinen alltäglich-einzigartigen Erlebnissen teilhaben lassen. Ich habe mir des öfteren darüber Gedanken gemacht, wie es sein wird, wenn dieses Jahr vorbei ist, dieses eine viel zu kurze Babyjahr. Wie wird sich das anfühlen? Anders? Wird sich etwas ändern? Werde ich sentimental Tränen der Nostalgie und der Erinnerungen über die ersten Fotos vergießen oder werde ich mir eine geistige "I survived-High-Five" klatschen? Sollte ich den Blog dann schließen? "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne"...und danach?
Jetzt bin ich an diesem Punkt angelangt und muss feststellen, dass sich alles ziemlich normal anfühlt. Sentimentalität und Stolz mischen sich zu einem bunten Farbenspiel der Gefühle, die mich in diesem vergangenen Jahr begleitet haben. Mein fester Entschluss, jede Minute so gut es geht von dieser kurzen Babyzeit zu genießen hat mich aber davor bewahrt heute völlig durch zu drehen. Ganz im Gegenteil - es überwiegt die Neugier und Vorfreude auf das was kommt, denn ich habe es ausgekostet, mein kleines Bündel zu wiegen, anzusehen, mit meiner Nase sein Gesicht zu streicheln, seinen Duft aufzusaugen, jede Bewegung zu beobachten und ihn sooft wie möglich zu küssen. Und im Grunde haben sich zu diesen Erfahrungen einfach nur gut 30cm, 6 kg, 8 Zähne und das Kichern, Krabbeln, Grabschen, Staunen, Quatschen und Krabbeln eines Baby-Kleinkind dazu gesellt. Alles andere mache ich noch immer, nur werde ich halt jetzt auch angesehen, beobachtet, angequatscht, ange"aiii"t und geknutscht. Und wenn du glaubst, dass das, was du an Schönem und Wunderbarem erlebst nicht zu überbieten sei, dann wachst du auf und siehst dein Baby heranwachsen und kannst nur noch staunen.

Seit Wochen mache ich mir nun wieder Gedanken über diesen Post. Sinnlos, da ich sowieso ein totaler Impuls-Schreiber bin. Ich hatte vor meine Erfahrungen des vergangenen Jahres in einige weise Punkte zusammen zu fassen. Vorgestellt hätte ich mir "12 Punkte fürs erste Babyjahr"...
Jetzt sitze ich hier vor einem inzwischen nicht mehr ganz leeren Blatt (ähm digitalen, weißen Blatt) und es kommt mir nur ein einziger Satz, mein Credo der Elternschaft, in den Sinn:

"Do it your way!" Tut es auf eure Weise!

Lieben, Leben, Genießen, Erziehen. Versuche nicht jemand anderer zu sein, dich zu vergleichen oder jemanden nach zu eifern. Finde heraus, wer und wie du bist, wer und wie dein Kind ist und wer und wie deine Familie ist - und lebe! Ich glaube, dass gerade wir jungen Mamis uns viel zu viel vergleichen - ich tu es auf jeden Fall. Und sehr schnell ertappe ich mich dabei, dass ich mich als Versagerin fühle. Mein Mann weist mich immer mahnend darauf hin, wenn ich im halbernst, mich vor mir selbst entschuldigend sage: "ich weiß, ich bin jetzt eine schlechte Mama, aber..."
Zum Beispiel der erste Geburtstag. Ich war hin- und hergerissen zwischen "eiiigentlich sollte der Kleine doch nicht zuviel Zucker essen und Birthday-Boy-Mega-Themengeburtstagstorte backen". Also einigte ich mich mit mir auf Torte mit Zucker ist einfach zu super, aber bitte ohne Thema und ohne einen "wie verziere ich meine Überdrübertorte für Instagram und Facebook richtig-Kurs" belegen zu müssen. Also wurde es eine kleine Torte, mit simpler Marzipanverzierung. Für ein Facebook-Foto völlig ausreichend...dass sie meinen Sohn und die Gäste geschmacklich begeistert hat, war der Trost für meine vielen Tortenängste...noch einmal fürs Verständnis - es ging um TORTE! Und wenn meine Gedanken darum schon so einen Wirbel machen, kann man sich vorstellen, wie es sich mit anderen, vielleicht sogar wichtigeren Themen verhält.
Bullshit! Ich bin, wie ich bin. Und wir sind, wie wir sind.
Wir sind viel zu hause, wir lachen viel, wir küssen uns gerne, wir schlafen nicht gerne beieinander, wir schlafen unruhig, wir wollen uns frei bewegen und nicht so gern aneinander kleben, wir besuchen (noch) keine Babykurse, weil ICH es nicht mag, wir mögen Musik, hören aber nur ab und zu welche aus der Konserve, wir mögen Bücher, wir mögen Tiere und finden alles was weich und kuschelig ist super, wir lieben Menschen, wir teilen Aufgaben und Verantwortung als Eltern gleichermaßen und sind somit gleichgewichtete Bezugspersonen für meinen Sohn(was dem Mama-Ego manchmal ganz schon eins in die Magengegend verpasst hat), wir halten den Haushalt so ordentlich wie nötig, wir essen gerne, aber nicht ständig und auch Zucker, wir unterhalten uns gerne, wir singen, beten und segnen, wir sind laut und leise, wir sind wir. Wir machen´s auf unsere Weise.

Ja, ich denke, mit dieser, wenn auch nur einzigen, Erkenntnis kann ich zufrieden und neugierig in das bevorstehende Kleinkindalter starten - mit unserem Gepäck an Wir-Samkeit, die wir uns durch die Erfahrungen, die wir gemeinsam gemacht haben, erarbeitet und lieben gelernt haben.

Ich werde darüber berichten.

1. Januar 2016

Volle Kraft voraus!

Kennt ihr die unzähligen Serien, die in den schwammigen, namenlosen Tagen zwischen Weihnachten und Silvester das Abendprogramm füllen?  Rückblick hier, das Beste aus ... da, die 25 berührendsten Geschichten des Jahres dort. Ich mag manche von denen ganz gerne, ein Nachruf an das auslaufende Jahr mit seinen Weltereignissen sozusagen. Rückblicke sind gut. Bis zum 31. Dezember. Danach ist der 1. Tag des neuen Jahres. Dann will ich sie nicht mehr, denn ich finde, dann hatte das alte Jahr seine Chance, da muss man nicht mehr drauf rum reiten. Da ist das Zeitfenster für Rückblicke geschlossen. Da lese ich nicht mal gerne rückblickende Einträge auf Facebook. Gut, ich erstarre dabei nicht zur Salzsäule, aber ich kann am 1. Jänner des neuen Jahres keine Rückblicke mehr leiden. Jetzt ist es aber so, dass MEIN 2015 einen Rückblick geradezu verdient hat. Und da ich zu spät dran bin, breche ich alle meine Rückschau-Prinzipien und schau noch mal kurz zurück...
Dieses 2015 hatte global, weltpolitisch gesehen viele dunkle Kapitel, von denen die meisten noch nicht zu Ende geschrieben sind. Wenn ich recht überlege fällt mir eigentlich keine einzige positive Headline ein. Bestimmt gabs welche, aber so ist der Mensch, er merkt sich gute Dinge weniger gut. Außer es ist so gut, dass es das eigene Leben in ein völlig anderes Licht bringt. Das steht dann zwar in keiner Zeitung (außer man ist royaler Herkunft oder A, B, C oder K-Promi), aber verändert Einzelne und somit ein ganzes, kleines System.
Und rückblickend betrachtet schenkte mir 2015 genau das - mein Kind. Ein alltäglicher Ausdruck, tausende Male gesagt und gehört. Aber wenn man dann selber, so ganz persönlich und das erste Mal sagen kann "mein Kind" bedeutet es die Welt. 2015 war für mich also das Jahr, indem ich die größte Freude, das teuerste Glück, die übermenschlichsten Schmerzen, die bedingungsloseste, erfüllendste, atem- und egoberaubendste Liebe entdecken und erleben durfte. Mein Kind hat mein Herz, meinen Körper und meinen Verstand eingenommen und völlig verändert. Meine Welt und mein Ich sind seit der Geburt meines Sohnes nicht mehr wie sie vorher waren. Ich habe ungeahnte Dimensionen an Schmerz, Sorge, Freude, Begeisterung, Langweile, Stress, Ambivalenz, Geduld, Leidenschaft und vor allem Liebe kennen lernen dürfen und kann somit sagen 2015 war  für mich persönlich ein geniales Jahr - das Jahr, indem ich Mama wurde. Und angesichts dessen, was sonst in der Welt passierte, wieviele Menschen Not leiden, fühle ich einen Gewissenskonflikt in mir. Ist es mir erlaubt, überhaupt von einem "genialen" Jahr zu sprechen? Aber so ist es nun mal, das ist das Leben - Freud und Leid, Licht und Schatten sind sehr nah beieinander. Dieses Jahr gab es für mich ein fröhliches, pausbäckiges, menschgewordnes Bündel Freude und Licht. Ein Segen, so ein Kind, solch Sicherheit, solch Freiheit, solch Freude. Ich will es dankbar und nicht selbstverständlich annehmen, dieses Glück. Und wer viel bekommen hat, der kann auch viel weitergeben. In diesem Sinne beende ich meine Rückschau und starte mit einem gefüllten Rücksack voller Freude, Liebe und neuen intensiven Emotionen neugierig in das neue Jahr 2016 - Volle Kraft voraus!