Alles hat seine Zeit...Sein und Werden

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist: Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden. (Prediger 3, 1 - 8, die Bibel)

14. Dezember 2015

Maaaammmmaaaa!

Ich habe versprochen, ich melde mich, sobald ich es sie vernommen habe, die schönste aller Symphonien, schöner als jeder Vogelgesang, stilvoller, musikalischer und traumhafter als jede Kompostion: wenn mein Sohn "Mama" sagt. Die erfahreneren Mamas unter euch werden sich sicherlich denken: "ja, jetzt noch, jetzt noch klingt es wie Musik in deinen Ohren. Warte nur..." Aber sie werden sich sicher auch daran erinnern können, wie es war, das erste "Mama" ihres Kindes.
Zugegebenerweise war ich mit diesem Post nicht ganz so prompt. Das "Mamamamamamamama" machte sich schon vor einer Weile bemerkbar, unwillkürlich, jedoch akrobatisch. Doch in den letzten Wochen (ich denke, ich wiederhole mich) überschlugen sich die Ereignisse und mein Baby wurde schier über Nacht zum Kleinkind. Und das Kleinkind bescherte uns einen neuen Feiertag - den, 2. Dezember. Der Tag, an dem mein Baby das erste Mal bis morgens in seinem Zimmer schlief. Versteht mich nicht falsch, meine lieben Familienbett-Mamas, ich habe es auch genossen, mein Kind bei mir zu haben. Aber wider aller Familienbett-oder nichts-Werbung schliefen wir beide nicht sonderlich gut. Da wir ein ähnliches Schlafverhalten haben: leicht störbar, unruhig, ständig wetzend, so dass einer den anderen immer wieder aufweckte und ich nach wie vor fast stündlich vom Erwachen und Weinen meines Sohnes wach wurde. Nun schlief er, nicht ganz durch, aber fast. Bis halb 8. Und an diesem Morgen wurde ich überrascht von einem gut gelaunten Seufzen, Rascheln und anschließendem "Mama Mama Mama" aus dem Babyphon. Er rief mich! Mich! Seine Mama! Morgens war ich der erste Gedanke, den er hatte. Dieses "Mama" ließ mich wie auf Wolken aus meinem Bett gleiten, voller Energie aufgrund der wirklich entspannenden Nacht, wie ich sie seit mehr als 10 Monaten nicht mehr gekannt habe. Ich betrat sein Zimmer und mich erwartete ein grinsendes, gut gelauntes Baby-Kleinkind, dass mir zuwinkte und seinen Schnuller für den Tag "abgab". Was für ein erhebendes Gefühl! Was für eine Freude, unvergleichlich! Ich strotzte an diesem denkwürdigen Tag nur so vor Energie und beim Spaziergang hüpfte ich fast vor lauter übersprudelnder Frische :)
Inszwischen ist "Mama" zu seinem momentanen Lieblingswort geworden und wird so oft wie möglich geübt. Jedesmal antworte ich ihm mit einem: "Ja, mein Schätzchen?" Ich will, dass er weiß, dass ich immer auf sein "Mama" hören werden, egal wie alt, egal was für ein großer, starker und unabhängiger Mann er einmal werden wird. Sein Ruf nach "Mama" soll immer Relevanz haben, soll mich dazu veranlassen, hinzuhören und hinzuschauen. Dabei soll es um alle Facetten dieses Wortes gehen. Ob ein fröhliches, aufgeregtes "Maama!", welches mir tolle Geschichten, Erfolge und Erlbenisser erzählen möchte oder ein "Mamma!", dass sich zornig zeigt. Auch inzwischen ist in unserem Alltag "Mama" in allen Tonhöhen, Wortmelodien und Situationen zum Lieblingswort meines Sohnes geworden. Es scheint, dass alles und vor allem jeder, der ihm wichtig ist, zur Zeit "Mama!" heißt. Egal wo er hinkrabbelt, was er entdeckt, womit er spielt und worüber er sich freut, alles ist begleitet von einem "Mama!". Neben seinen anderen Worten: "Nein" (für sämtliche Schubladen, heißen Heizungsrohre, Steckdosen und überhaupt alles, was total spannend sein muss), "Mhm" (für alles was essbar ist oder aber auch nur scheint, zuzüglich sämtlicher mikroskopisch kleinen, wie auch größeren Fussel und Partikel am Boden; auch verwendbar für das Ankommen der Oma, die mit uns zu Mittag isst) und "Ai" (für alles, was süß, kuschelig, Katze, weich, lieb, gemütlich, liebenswert ist oder wirkt), wird das "Mama" momentan fast schon inflationär verwendet, aber das ist gut so. Nein, es ist ganz großartig! Es ehrt mich, es rührt mich.
Denn mehrmals am Tag, entschwindet meinem Sohn ein direkt an mich gerichtetes, voll staunen und voll Liebe fokussiertes "Mama!", wenn es in einem Augenblick ist, wo ich ihn ganz nah bei meinem Gesicht habe, kommt es vor, dass er mein Gesicht mit beiden Patschehändchen seitlich tätschelt und mir als Krönung noch einen ultra-feuchten-Schlabber-ich-ess-Mama-Schmatz-Kuss gibt. Wunderbar, einfach Wunderbar. Das Schlafen, das Küssen, das "Maaaamaaaaaaaa!"

20. November 2015

Kontrollverlust...

Kennt ihr diese Postings, die täglich auf den Facebook-Pinwänden vieler Mütter auftauchen. Ihr Inhalt: dramatisch formulierte, blumig gesülzte Weltweisheiten über die Schönheit, über das Wunder, über das süße Leben mit Baby und Kindern. Meist beginnen sie mit "Seit Ich Mutter bin...", "Das Schönste/Beste/Aufregendste/Verzauberndste/(manfügediversepositiveAdverbienoderAdjektivehinzu)..." und enden mit "teile das, wenn du stolz auf (irgendwasoderirgendjemanden) bist..."
Ich bin da ehrlich, ich teile sie nicht. Ich mag sie nicht mal, diese Postings! Sie spucken mir oft ins Gesicht und schreien mich vorwurfsvoll an mit den Worten: "Na? Ist das bei dir etwas nicht so?? WIESO ist das bei dir nicht so? DU BIST EINE SCHLECHTE MUTTER!" Die Verachtung und den Vorwurf für mich selber lese ich aus dem Grund heraus, weil ich mich nicht jeden Tag an meiner Mutterschaft freue. Um ehrlich zu sein, ich fühle mich eher sogar oft nicht wohl in dieser Rolle. Ich fühle mich unterfordert und überfordert zugleich. Fühle mich einsam und überschwemmt zugleich. Ich will weg und nur hier sein. Ich fühle mich nutzlos und unentbehrlich zugleich. Ich fühle mich zerissen, endlich komplett, ausgelöscht.
Ich habe mich lange gefragt, was es ist, was mir solch ein Unbehagen bereitet und einen Teil von mir auch irgendwie unglücklich sein lässt, obwohl ich doch das ungetrübte Glück eines eigenen heranwachsenden Kindes miterleben darf. In vielen Gesprächen mit meinem Mann, der diesen Zustand nur sehr schwer nachvollziehen kann und sich oft in mein Leben, so dicht am Aufwachsen unseres Sohnes, wünscht, sowie mit meinen Freunden bin ich auf die Antwort gestoßen.
Als Vertreterin der Bindungstheorie lege ich viel Wert darauf, dass mein Sohn eine sichere Bindung zu mir aufbauen kann und in der Sicherheit meiner Liebe, Nähe und Versorgung zu einer zufriedenen und gesunden Persönlichkeit heranwachsen kann. Wie ich bereits des öfteren erwähnt habe, habe ich mich damit intensiv in meinem Studium auseinander gesetzt. Nur erfahren und erlebt habe ich es selber noch nicht, außer in Form meiner eigenen Eltern-Kind-Beziehung zu meinen Eltern.
Da ist nämlich noch eine Seite der Bindung, die aus zwei Gliedern besteht - meine. Ich bin gebunden - in jedem Sinne. Ich bin eben auch an mein Kind gebunden, so stark wie zu nichts und niemanden auf dieser Welt. Aus einer körperlichen, engstmöglichen Bindung, als er in meinem Körper herangewachsen ist, ist eine unglaublich enge, verwurzelte, verwobene, verknotete Herzensbindung geworden. Sie ist so stark, dass ich mich oft fühle als wäre ich im Moment nicht mehr ich, nicht mehr wirklich existent, verblasst, gemutet. Mutter zu werden hat für mich geheißen, Vieles was MICH ausgemacht hat aufzugeben, hinter mir zu lassen, auf Stumm zu schalten. Mein Ego musste das meines Sohnes weichen.
Ich fühle mich oft, als hätte ich die Kontrolle über Mein Leben verloren. Über meine Grundbedürfnisse. Mein Schlaf richtet sich nach dem Schlaf des Kleinen. Bevor ich die Toilette aufsuche, muss ich mich vergewissern, dass er in Sicherheit ist und ich werde dort angekommen bestimmt betrauert werden. Einen Besuch in der Dusche muss ich vorher planen. Ich habe meine Kontrolle über meine Freizeit verloren, ich kann nirgends spontan und nichts mit Sicherheit planen. Und neben all den unzähligen Tätigkeiten und Entscheidungen, die vorher meinen Alltag ausgemacht haben und nun von meinem Sohn abhängig sind, trägt sich der größte Kontrollverlust in meinen Gefühlen zu. Ich sorge mich, obwohl ich die Schnauze voll habe. Ich kann an nichts anderes denken als an das Wohlergehen meines Babys. Ich kann nicht anders als ihn zu lieben. Ich kann nicht anders als an ihn zu denken. Ich kann nicht anders als überall die Variable "mein Kind" einzubauen und erst damit zu betrachten und/oder darüber nach zu denken. Sein Leben und meine Liebe zu ihm kontrolliert jede Faser meines Seins. So dass ich mich grau daran erinnern kann, dass ich mal ganz anders war, dachte und handelte. Doch ich kann mich daran erinnern und frage mich dann, wo und wer ich bin.
Mir wird oft gesagt, dass es wieder etwas anders werden würde. Mit der wachsenden Selbstständigkeit der Kinder, wird auch mein Involviert-Sein weniger...dann lösen sie sich immer mehr von Mamas Rockzipfel, lassen los...
Beruhigt mich das etwa? Nein! Ganz und gar nicht. DAS macht mir noch viel mehr Angst...meine Gebundenheit ist ja noch da, mein Herz noch mit Seinem verwoben. Was ist, wenn ich mich eines Tages doch wieder finden sollte? In ihm? In seinem Leben? Wenn ich zu den oben erwähnten Facebook-Postings Ja und Amen sagen kann, mein(e) Kind(er) mich aber langsam nicht mehr so brauchen? Dann muss ich mich wieder suchen gehen...Ja, ich kenne sie, die Lebensphasen, die Phasen der Entwicklung über die Lebensspanne, die verschiedenen Modelle. Die dadurch entstehenden Krisen - in der Theorie, bei anderen. Aber bei mir? Ich weiß nicht, ob mich jemals eine davon gegenwärtig, wie auch in Hinblick auf die Zukunft so gerüttelt und zugleich gelähmt hat...
Bin ich einfach nicht geeignet Mama zu sein? Oder ist das ganz normal? Sich kurze Zeit zu verlieren, um dann wie Phönix aus der Asche auf zu steigen mit dem Wissen: ich bin gewachsen, ich bin stark, auch wenn ich mich müde und ausgelaugt fühle, ich bin eine Heldin, ich liebe bedingungslos, ich bin WIR, ich bin Mama und noch viel mehr, Ich bin ich - und kenne mich jetzt.
Bis dieser Zustand eintritt, suche ich noch nach mir. Und lasse es zu, die Kontrolle über mich zu und mein Leben gegen die Hingabe zu meiner Familie zu tauschen und tauche ein in diese Liebe, die meinem Ego gerade eine Tiefenreinigung verpasst.

7. Oktober 2015

Die Vermessung der Welt...

Ja, der Titel ist gestohlen. Aber er passt halt gerade zu unserem aktuellen Lebensthema - die erwachende Mobilität. Meine kleine Robbe ist entwicklungstechnisch völliger Durchschnitt, so dass er jetzt "erst" allmählich beginnt zu lernen, wie man sich von A nach B bewegt. Warum das mit dem Durchschnitt erwähnenswert ist? Weil es jetzt schon beginnt, die Vermessung und Bewertung der Leistungen unserer Kinder. Krabbelt er schon? Was, nicht? Aber sitzen tut er ja schon alleine? Was, auch nicht? Was, deiner schon? Was, schon 6 Wochen lang? Tja - HA! Meiner hat dafür schon 2 ganze und 3 halbe Zähne - bäääääm! Ja so läuft das in etwa ab, bei der kompetitiven Elternschaftsolympiade. Nicht zu vergessen sind dann noch - Schläft er denn schon durch? Dicht gefolgt von den beiden stark auseinanderklaffenden Anfragen, je nach dem welchem Lager frau angehört: A) "Langsam sollte er aber schon ohne Flascherl durchschlafen und du kannst ihn doch nicht jede Nacht bei dir schlafen lassen, das gewöhnst du ihm doch nieeee wieder ab!" vs B) "Waaaas, du hast aus eurem Schlafzimmer kein Familienbett gemacht? Und das arme kleine Ding muss nachts in unerträglichen Ängsten in einem EIGENEN Zimmer verbringen?". Tja, ich bin da irgendwo dazwischen mit meinen Ansätzen. Einschlafen tut er in seinem Zimmer, aufwachen (das 4. bis 8. Mal) bei mir. Soviel dazu, wie wir Mamas uns vermessen (!) vermessen. Achja, ich vergaß eines unserer wichtigsten Themen in Sachen messen - 28 Kg trennen mich heute von dem Tag vor der Geburt - auch ein ganz wichtiges Müttermaß.
Aber eigentlich hatte ich bei dem Titel meinen robbenden Sohn vor Augen. Während er sich einige Wochen rollend in einem Areal von etwa 6qm fortbewegt, wird nun, mit ein wenig Motivation, die ganze Wohnung robbend entdeckt. Was muss das für ein Gefühl sein, sich endlich (fast) alles eigenständig ansehen zu können, sein Gebiet zu erkunden, sein Revier zu durchforsten. Es ist herrlich. Ich mag es auch. Obwohl mir gesagt wird: "Waaaarte nur bis er krabbelt, dann ist es aus mit der Gemütlichkeit". Ich finde es toll, auch wenn das Motivieren mir zu folgen und das Locken meiner Kätzchen starke Ähnlichkeit haben und das vielleicht etwas eigenartig ist (Ich ertappe mich öfter dabei, wie ich meinem Sohn ein lockende Schnalz-Schmatz-Laute zurufe, damit er mir nachrobbt). Es ist spannend sich von seinem Baby zeigen zu lassen, was in seiner Wohnung NICHT babysicher ist und noch adaptiert werden muss; Und wie toll es ist Ramsch-Boxen herauszuziehen, an Schuhbänder und Schuhsohlen zu kauen, sich beim Versuch Schubladen zu öffnen sich diese auf den Kopf zu knallen, an Türstopper zu lutschen und mit seinem Erbrochenem Malereien zu zaubern.
Bewusst wurden mir seine neuen Fähigkeiten in einer klassischen Situation, die mich ob ihres plakativen Erscheinens zum Schmunzeln, statt zum panisch Schreien brachten. Mama geht kurz aus Küche, Baby spielt am Wohnzimmerboden, Mama hört Geräusch einer fallenden und sich ihres Inhalts entledigenden Box und eilt ins Wohnzimmer zurück, Kind liegt neben Box (zu Österreichische Gramuri-Schochtl) und dessen am Boden verteilten Inhalt und versucht sich just in dem Moment eine Schere in den Mund zu schieben - classic. Keine Sorge, nix passiert. Mama lacht, Baby lacht mit - alles gut! Box weggeräumt, Kind und Mama etwas dazu gelernt. Mama hat gelernt, dass sie solche und ähnliche Dinge in nicht greifbare Ferne bringen muss, Baby hat gelernt, dass es schneller sein muss, wenn es an Messer, Gabel, Scherben oder Scheren lecken möchte. ACHTUNG - Sarkasmus! Frau Funkhouse passt auch wirklich gut auf ihr Baby auf. Ich habe doch schon längst einen Jahresvorrat an Steckdosendeckel, hässlichen IKEA-Kantenschutz-Händen und Schubladenverriegelungen angeschafft - schon vor Monaten, nur montiert müssten sie halt noch werden. Aber dafür reicht die Immobilität noch gerade so aus. Toll ist auch, dass unter unseren Regalen endlich wieder mal der Staub weggewischt wird. Mein Sohn macht das mit seinen Beinen, manchmal auch mit seinem Bauch. Weniger toll ist, dass die untersten 20 cm meiner Glas-Balkontür aussehen wie ein abstraktes Kunstwerk. Und ich geb zu, ich tu' mich etwas schwer mit abstrakter Kunst, so generell. Aber gut, ich bin da nicht so.
Mit dem achten Monat erleben wir also einen wahren Meilenstein im ersten Jahr mit Baby und es wird immer lustiger und unterhaltsamer mit ihm! Parallel zu seiner steigenden Mobilität entwickelt er auch seine Brabbelei weiter. Momentan arbeitet er an einem repetitiven, meditativen "Mamamamamamamamam", dass wie Musik in meinen Ohren klingt. Egal ob unwillkürlich oder nicht, jedes "Mamamamamamamam" beantworte ich solange mit "Ja, mein Mäuschen, ich bin deine Mama" bis zu dem Moment, in dem er sich zu mir dreht, mir in die Augen sieht und "Mama" sagt. Hach, wenn ich daran denke, fliegen Einhörner auf Regenbögen durch die Luft...ich werde davon berichten!

3. September 2015

Rabenmütter...

Sie treten die Pädagogik mit Füßen, handeln ihrem Egoismus entsprechend und übergehen die Bedürfnisse der Kinder...
Ich spreche von den sogenannten Rabenmüttern, von der ganz üblen Sorte. Die, die vergessen, wie man liebevoll, fürsorglich und verständnisvoll mit Babys und kleinen Kindern umgeht - ich spreche von mir. Nachts. Zwischen 1 und 5 Uhr. Da werde ich zur Rabenmutter.
Seit nun sieben Monaten gibt es keine einzige durchschlafene Nacht für Mama und Papa. Keine einzige! Das zehrt schon am Nervenkostüm. Vom Schlafenlegen bis zum Aufwachen sind 4x Aufstehen eine gute Nacht. Durchschnittlich sind es etwa 6x, die wir zu ihm rüber gehen müssen. Sehr viele Nächte und Phasen wurden auch im eineinhalb Stunden-Takt abgewickelt.
Ich fürchte die Nacht, sie bietet mir keine Erholung. Ich lege mich hin, schlafe lange nicht ein, da sich mein Gehirn just in diesem Moment dazu entscheidet auf Turbo zu schalten; ich warte innerlich auf das erste Mal Weinen, sein erstes Fläschchen. Danach schlafe ich ein, er auch. Kurz. Und wenn ich dann kurz eingeschlafen bin und jäh durch das Aufweinen meines Sohnes geweckt werde und völlig schlafbeduselt in sein Zimmer torkle, dann ärger ich mich. Wenn ich dann merke, dass der werte Herr Funkhouse jun. putzmunter und quietschfidel seinen Nachtschlaf hiermit offiziell beenden möchte - so um 2 Uhr herum - dann werde ich richtig wütend. Wenn ich ihn dann in der Hoffnung, dass er, weil er ja trotz allem Übermut hundemüde ist, von alleine einschläft, nachdem ich mit einen sich windenden Wurm eine gefühlte Ewigkeit auf dem Pezzi-Ball gehopst bin und dabei aufpassen musste, dass ich nicht vornüber kippe, mich dann wieder aus dem Zimmer schleiche und er fünf Minuten darauf natürlich nicht schläft, sondern sich lauthals beschwert - dann bin ich riiiiichtig wütend. Dann jammer' ich vor mich hin, ärgere mich über meinen Mann, der nicht die Mama ist (das sagt einfach alles). Mein Mann unterstützt mich, wo es nur geht. Es scheint, als hätte er alle Ruhe der Welt, wenn er unseren Sohn in den Schlaf zu begleiten versucht, während in mir ein Vulkan brodelt. Doch da er frühmorgens in die Arbeit muss, um unseren Unterhalt zu verdienen, muss ich hauptsächlich nachts auf. Und wenn es so ist, dann reiße ich die Bettdecke weg und stapfe wutentbrannt los, um in sechs Schritten wieder soweit auf dem Boden zu sein, um meinem Baby angemessen zu begegnen.
Und alsbald sitze ich wieder auf diesen ver******@!%$*** Pezzi-Ball und auf einmal lodert es in mir auf...
Die Reue. Die Reue nicht jede Sekunde, die ich ihn in meinen Armen halten darf, vollends zu genießen, auch wenn es mitten in der Nacht ist. Denn wie kurz ist doch die Zeit, in der ich ein Baby habe? Gerade mal ein kurzes, klitzekleines Jahr hat man ein Baby. Ich habe bereits sieben Monate davon hinter mir. Es sind ca. 18 Jahre, wo man seine Kinder enger begleiten darf, wo Mama und Papa den ultimativen, weil versorgenden Stellenwert haben, auch wenn mit Teenager-Alter alles andere interessanter wird. Es ist eine so unglaublich kurze Zeit. Woher kommt die Wut? Schlafen könnte ich doch später? Aber so ist es leider nicht, ich bräuchte ihn jede Nacht, ich brauche Zeit, um mich zu regenerieren, um wieder voller Energie zu sein. Da ich nicht zu meinen Nachtschlaf komme, fühle ich mich meist kraftlos und müde. Auch wenn ich seine Tagesschläfchen oft für ein gemeinsames Schläfchen nütze. Es fehlt die Nacht...und als ich meinen Gedanken und meiner Reue so nachhänge, bemerke ich erst, wie schön es sich anfühlt, wenn der kleine Körper in meinen Armen liegt, warm, sicher und entspannt. Ich sehe das Weiß seiner Augen die meinen suchen und fühle sein Händchen, dass mein Gesicht ertasten will. Ich bereue es zutiefst, so wütend zu werden.
Und werde es wohl in der nächsten Nacht genauso sein...

Ein weiterer Gedanke, der mich heute bewegte - in einer Zeit, in der auf Facebook ein Foto eines toten, am Meer angespülten Flüchtlingskindes kursiert, weil das unsere derzeitige Realität ist - wie dankbar können wir doch sein, dass nächtliches Aufstehen, um unsere sicheren, wohlgenährten, behüteten Kinder Geborgenheit zu geben, eines unserer banalen Probleme ist. Ich muss mir keine Gedanken darüber machen, ob ich meinem Kind Krieg, Verfolgung und Terror aussetze oder in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in ein fremdes Land flüchte und hoffe, dass es nicht ertrinkt, erstickt, verdurstet und wenn es überhaupt überlebt großen psychischen Schaden davon nimmt. Wie dumm und überheblich ist doch der Glaube, dass wir uns diese Sicherheit, in der wir leben, diesen Wohlstand verdient haben und es unser Recht sei. Ja, die Zeiten werden härter, auch für unsere Wohlstandsgesellschaft, ja es wird Probleme bringen und uns aus der Komfortzone bringen. Wir haben unser Glück genauso wenig verdient, wie IRGENDJEMAND ein Schicksal wie die abertausenden Menschen, die von Hoffnung getrieben oftmals in den Tod laufen. Und wenn ihnen die Härte ihres Fluchtweges nicht den gar aus macht, dann macht unsere Angst, unsere Sorge, um unseren Wohlstand und Sicherheit ihnen das Leben noch zusätzlich schwer?? Nein, wir haben uns unser feines Land nicht verdient. Es ist kein Recht - es ist Vorrecht. Es ist ein Vorrecht für uns und unsere Kinder und wir haben soviel davon, dass wir ganz leicht etwas davon abgeben können.

Mein lieber Sohn,

wenn du eines Tages so alt bist, dass du im Geschichtsunterricht davon hörst, was in der Zeit passiert ist, als du ein kleines Baby warst, dann sei dankbar. Dankbar für Sicherheit, Geborgenheit, Nahrung, für alles was du hast, alles, was dir möglich ist und alles wovor du behütetet wirst. Ich hoffe, dass aus dir ein Mensch wird, der sich aus Liebe zu seinem Nächsten in dessen, wenn auch noch so fremde Welt, hinein denken kann und erkennt, dass dieser genauso fühlt wie du, genauso Angst hat wie du, genau so Freude empfinden kann wie du - genau so erdacht und geliebt ist von seinem Schöpfer-Gott, wie du. Vergiss nie, dass jeder zählt, dass jeder Wert hat. Wenn dir irgendjemand glauben machen will, dass es wichtigere und unwichtigere Menschen gibt, dann ist das eine Lüge. Es wird schwer sein, alle Menschen so anzunehmen. Du wirst nicht alle mögen, viele werden dich nicht mögen. Viele wirst du blöd finden, weil sie anderer Meinung sind oder dir sogar Schmerzen zufügen, aber wisse, egal wie du fühlst - JEDER ist es wert geliebt und geachtet zu werden. JEDEM, der Hilfe sucht, soll Hilfe zuteil werden. Glaube nicht alles, sei kritisch, überlege dir alles durch, finde nicht alles gut, was der Zeitgeist sagt, dass gut sei. Bild dir deine Meinung und steh dazu. Aber alles was du tust und wie du denkst, soll von echter, tiefer Liebe zum Menschen geprägt sein. Ich werde mein Bestes geben, um dich zu einem liebesfähigen, mitfühlenden und mitdenkenden Menschen groß zu ziehen.

                                                            In unaussprechlicher Liebe zu dir, 
deine Rabenmama

26. August 2015

It`s all about the bass...

...ist quasi die Hymne meines Mann, der, zu meinem Glück, die kurvige Heckansicht bei Damen - ergo mir - präferiert. Mein Sohnemann gerät da eher nach seinem Vater, jedoch aus anderen Motiven. Wenn ich meinem Zwerg ein Plüschtier zum Spielen gebe, wird es sogleich mit dessen Hinterteil voran erkundet. Der Grund: es gibt offensichtlich nichts Interessanteres und Amüsanteres als die Etiketten, die meist an dieser eigentlich unbedeutenden Stelle befestigt sind.

Wie wichtig unser (nicht zu Unrecht genannter) Allerwertester ist, wird spätestens dann klar, wenn man für dessen Unversehrtheit und Sauberkeit bei einem Säugling zuständig ist. Man sieht wohl auch keinen Hintern sooft, wie den eines Babys, was daran liegt, dass man ihn täglich ca. 8 bis 12 mal auspackt, säubert und pflegt. Und, mal unter uns, wie süß ist so ein Mini-Popotschi eigentlich :)?
Ja, und dieser besagter Popo, war auch der Grund, warum mein Sohn das erste Mal in seinem Leben eine Operation mit Vollnarkose über sich ergehen lassen musste und ich das erste Mal in meinem Leben Mama und Begleitperson eines Krankenhauspatienten war.
Vor einigen Wochen viel eine rote Stelle beim Windeln auf. Da wir an einen unglücklich platzierten Mückenstich dachten und unser Söhnchen quietschfidel wie immer war, dachten wir an nichts Schlimmeres. Da dieser Fleck jedoch nicht verschwand, ließen wir es doch abklären. Heraus kam, dass es sich um einen Abszess handelt, der operativ geöffnet und versorgt werden muss. Man denkt bei einem ekligen Abszess doch eher an einen erwachsenen Popo (okay, über sowas will man einfach gar nicht nachdenken, ich weiß), aber doch nicht an einen unschuldigen, supersüßen, speckigen, Mini-Bopsch... Uns wurde erklärt (als hätte ich mir das nicht schon längst im Vorfeld von Dr. Google erklären lassen), dass soetwas gehäuft bei Säuglingen vorkommt, Ursache unbekannt.

Soweit die Theorie. Die bittere Realität brachte uns zwei schreeeeeecklich lange Nächte im Krankenhaus. Die erste Hürde war das Legen eines Zugangs, der die nächsten Tage einbandagiert und durch eine Handsocke gesichert sein kleines Händchen "zieren" sollte. Wenn dann drei Schwestern und du als Mama Händchen und Beinchen deines sechs Monate alten Sohnes festhalten und eine Ärztin, deren Kompetenz ich nicht bezweifeln möchte, aber trotzdem aussieht wie Sweet 16, zuerst am ersten Versuch am Bein scheitert und danach eine weitere gefühlte Ewigkeit versucht einen Zugang zu legen und dabei ein Mantra vor sich hin brummt, "Da muss ich überlääääääägäääääään....Da muss ich überlääääägäääään....Da muss ich überlääääägäääään", während eine der Schwestern ein Glucose-Safterl zur Beruhigung in sein Mäulchen träufelt und sich mit einer anderen Schwester über die Zaubertrank-ähnliche Wunderwirkung des Saftes unterhält - spätestens dann weißt du, diese Erfahrung hätte ich jetzt gar nicht gebraucht.
Nach dem Legen des Zugangs, wurden wir aufgenommen und durften einchecken. Nur, dass es nicht ganz so komfortabel zuging, da kein Zimmer frei war und das ganze Prozedere unbedingt Mittags - also eigentliche Essens - und Schlafzeit von Babys - stattfinden musste. Trotz der schön, hell und großzügig gestalteten Kinderstation und der netten Zimmerkollegen, fand ich als Schlafstätte einen 80cm breiten Klappcouchsessel und ein riesiges käfigartiges Ungetüm, dass an die tiefgraue Vergangenheit in kommunistischen Krankenhäuser erinnerte und ich einfach nur als "das Gefängnis" bezeichnete. Also in etwa so: "Könnte ich vielleicht bitte eine weitere Decke für das Gefängnis...ähhh...Betterl haben, damit ich es ihm ein bisserl kuscheliger machen kann?"
Mein Plan vom Zusammen-in-einem-Bett-Schlafen, war durch das Gefängnis zunichte gemacht. Es war nicht einmal möglich sich gegenseitig anzusehen, da ich ungefähr ebenerdig auf meiner Pritsche lag und mein Baby im Gitterkäfig zwei Meter über mir lag. So kam es, dass ich die erste Nacht praktisch stehend und sein Händchen haltend verbrachte.
Irgendwann wurde mir dieses "Schlaf-Arrangement" zu bunt und ich holte mir meinen kleinen Patienten auf meine Pritsche. Da lagen wir nun auf 80 cm. Naja, Liegen ist übertrieben, ich versuchte auf meiner Flanke zu balancieren und dabei tunlichst zu vermeiden über mein Baby zu rollen. Und trotzdem wars gemütlich. Um halb sechs flößte ich ihm im Schlaf sein letztes Fläschchen ein, bevor er nüchtern werden sollte, was ich mir wie den größten Alptraum ever vorstellte. Laut Plan hätte er sechs Stunden ohne Nahrung sein sollen, was bedeutete zwei bis drei Stunden Hungergebrüll "überbrücken". Die Horrorszenarien eines vor Hunger und Angst brüllenden Kinder, dass an Kabeln angeschlossen von mir weg in die Ungewissheit gebracht wird, verdichteten sich in meinen Gedanken. Doch sie bewahrheiteten sich keinesfalls. Die Operation begann früher als erwartet und obwohl ihm das sogenannte "Wurschtigkeits-Zapferl" verwehrt wurde, schlummerte er noch in seinem Gitterbett ein, während er in den OP gefahren wurde. Ich durfte ihn lediglich zum Lift begleiten und sah, wie sich die Türen hinter meinem völlig ruhigen süßen Baby in seinem Krankenhaus-Käfig und seinen zwei Krankenschwestern schlossen. Sogar an dieser Stelle verhielt er sich einfach so großartig, so gechillt als hätte er sagen wollen:"Mama, alles gut, alles easy, kannst du nicht die Armee an Engeln sehen, die mein Papa im Himmel als meine Leibwächter geschickt hat?"
Nach ca. eineinhalb Stunden wurde ich zu ihm gerufen. Mein nur mit Windeln bekleidetes, an piepsenden Geräten hängendes, schlafendes Bündel lag in seinem Bett-Gefängnis und es gab in diesem Augenblick nichts Großartigeres als seinen Atmen zuzuhören. Eine Stunde saß ich an seinem Bett bis er sanft geweckt wurde und ich ihn endlich in den Arm nehmen durfte. Der Tag verlief ruhig weiter. Die größte Hürde würde uns noch bevor stehen - wir durften das Krankenhaus erst verlassen, wenn ich es lernen würde, seine Wunde zu versorgen, was heißt, dass ich eine 5cm lange, sehr tiefe offene Wunde spülen lernen musste. Der operierende Arzt fragte mich mehrmals: "Schaffen sie das?" Cool, wie ich wirken wollte, sagte ich, dass ich das wohl müsste und dass ich das schon hinbekommen würde. Als bei der Visite am nächsten Morgen erst der Wundstreifen herausgenommen wurde und ich das ganze Ausmaß der Wunde sah, stieß ich einen Ausruf des Schreckens aus, worauf der Arzt noch einmal erwiderte - er wusste wohl, was mich erwarten würde: "Deswegen sage ich, schaffen sie das?" Klar schafften wir das. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie schmerzhaft solch eine Wunde sein musste. An einem einzigen Tag wimmerte unser tapferer Kerl aufgrund der Schmerzen, sonst nie. Und nach 10 Tagen war der Spuk vorbei und die Wunde weitgehend geschlossen und das Krankenhaus Schnee von gestern.

So brachte uns also das Popöchen meines Sohnes zu einem unserer ersten gemeinsamen Abenteuer, dass ehrlich gesagt ziemlich "füan Oasch" war...

P.s.: Mein lieber Sohn! Solltest du diese Zeilen in einem Alter lesen, wo dir bewusst ist, dass faktisch die ganze Welt darüber Bescheid weiß, dass du eine Narbe am Popo trägst, verzeih' mir zuerst. Und danach überlege, was du so alles mit deinen "Freunden" per social media oder Hologramm (ich weiß ja nicht, was in 14 bis 16 Jahren so "in" ist) teilst... Außerdem denke daran, wie oft ich deinen Baby-Popo von schrecklich stinkenden Dämpfen eingenebelt gewickelt habe - also keep cool :P

In Liebe, deine Mama




17. Juli 2015

Der Durchbruch

Von einem Durchbruch spricht man meistens, wenn irgendein Celebrity to be einen Erfolg gelandet hat. Meistens handelt es sich dabei um Musiker, Schauspieler oder Sportler und wird begleitet von großen Lobeshymnen in diversen Klatschpressen.
Ich habe den Durchbruch eines Menschen gerade miterlebt - er ist weder Musiker, Schauspieler noch Sportler und kein Reporter interessierte sich dafür. Doch für mich war es einer der größten Durchbrüche die ich jemals miterlebt habe. Es betraf nämlich mein Baby. Denn mit stolzen 5 Monaten hatte er bereits seinen ersten Durchbruch - den seiner ersten beiden Zähne!! Ein Weltereignis für mich, seinen Papa und alle, die sonst noch mit Freude seine Entwicklung beobachten. Die Gala kann sich auf gut deutsch "schleichen" mit News von Brangelina und Taylor Swift, solange mein Baby solche coolen Entwicklungsschritte macht :)

Ich sitze gerade auf unserem Balkonwohnzimmer - unsere diesjährige Alternative zum Urlaub - eine Investition die "Balkonien" richtig attraktiv macht. In unserem Garten schmeißt mein Papa eine Männerparty, wo mein Mann natürlich auch mit dabei ist und mein Baby schlummert bereits tief und fest. Es ist schön - Zeit für Mama, Zeit für Miriam, Zeit, um niederzuschreiben, wie schön das Leben sein kann. Nämlich so schön! Ich befinde mich mit meinem Söhnchen in den sogenannten Wonnemonaten und diese heißen völlig zurecht so. Ich empfinde meine kleine Familie - endlich - als wahre Wonne! Mein Sohn weint maximal eine Stunde pro Wochen, nimmt man die wenigen Augenblicke zusammen. Er ist eigentlich stets gut gelaunt, lacht, gluckst und gurrt mit seinem bezaubernden, pausbäckigen Babyface und strahlt mit seinen tiefblauen Augen mit der Sonne um die Wette. Wenn ich mein Gesicht zum Knutschen in seinen kleinen Bauchspeck und seine süßen Bäckchen vergrabe, ziehen sich seine Lippen zu einem breiten Froschgrinsen auseinander. Wir haben kein Familienbett und inzwischen schläft unser Kleiner sogar größtenteils in seinem eigenen Zimmer, entgegen all meinen gutgemeinten Schlafplänen. Aber jeden Morgen, ab halb fünf Uhr, zum Mittagsschlaf und nach schweren Nächten auch Vormittags - da wird unser Bett zum Familienbett. Und dann fallen mein Sohn und ich und wenn es besonders schön ist, auch mein Mann, nach intensiven Austausch unserer Blicke in einen erholsamen Schlaf. Manchmal mache ich meinem Baby nur vor, als würde ich schlafen, denn dann tut er sich leichter in den Schlaf zu finden. Wenn er dann schläft, mache ich meine Augen auf und beobachte ihn - dieses unglaublich schöne Wunderwerk. Womit habe ich es verdient, ein so gesundes und zufriedenes Goldkind zu haben? Wenn mein Mann dann auch noch schlafend daneben liegt, ist es das pure Glück. So muss Himmel sein. So voller Liebe, so voller Frieden, so herrlich, so wundervoll. Ich sauge diese Momente der Ruhe und Behaglichkeit auf, bunkere sie, will sie nie wieder vergessen und werde voll aufgetankt.

D. und E. ihr seid die Lieben meines Lebens, mit und bei euch fühle ich mich so geliebt und geborgen, es fühlt sich wie ein Stück vom Paradies an. 




Und manchmal, wenn ich früher aufwache als mein zuckersüßer, kleiner Haifischzahn, dann warte ich bis er aufwacht, seine Beinchen zu zappeln beginnen und seine strahlenden Augen und sein breites Grinsen staunend "Hallo, meine Mama!" sagen.

Was interessieren mich die Berühmtheiten dieser Welt und ihre Erfolge, wenn ich mein eigenes kleines Weltwunder jeden Tag mit Küssen überhäufen darf?




25. Juni 2015

Zurück im Leben...

...per Tritt in den Hintern

Allmählich erweitert sich meine Welt wieder, was ich vor allem zugegebenerweise schmachvoll dem Abstillen (gabs bei mir nicht, hab halt einfach aufgehört, Baby war's wurscht) zuschreiben muss, kann, darf. Ich hatte ja anfangs das Gefühl, dass ich nie wieder etwas anderes als Babygeschrei, Pupswindeln und Sabberhände erleben werde und als Ausgleich hin und wieder meinen Haushalt führen dürfte. Da mein kleiner Wonneproppen dermaßen einnehmend ist, gab es in meiner Vorstellung kein anderes Leben, keine anderen Aufgaben mehr neben ihm. Doch, früher als gedacht konnte ich einfach wieder da ansetzen, wo ich vor dem Baby aufgehört hatte. So hatten wir, mein Mann, eine Freundin und ich, vor ein paar Wochen unseren ersten Job nach der Babypause als Musiker bei einer Hochzeit. Und ich finde unsere musikalische "welcome-back-party" hätte nicht besser laufen können - in der schönsten und luxeriösesten location seit wir Trauungen gestalteten. Natürlich versuchten wir dort möglichst unauffällig, hysterisch-begeistert zu kichern, wollten wir doch einen möglichst professionellen Eindruck machen, so als wäre das die Art von location, die wir mindestens jede zweite Woche bespielen. Nett war auch, dass wir uns quasi backstage dieser Luxus-Hotelanlage mit dem Mann-für-alle-Fälle über die Affenhitze beklagten, bevor wir von diesem ein 7€ Mineralwasser in Sektgläsern gereicht bekamen - sind wir doch alle nur Menschen...
Meine Vorbereitungen auf diese Hochzeit und die Mühen, mich in Schale zu werfen, waren frühmorgens dafür weniger elegant. Man füge folgende Bilder zusammen: Frau im Kleid, eleganter Dutt, in der einen Hand Wimpertusche, in der anderen Hand die Milchpumpe und das ganze (ein)singenderweise.
Ich empfand unseren ersten Job, das wunderschöne Ambiente und das perfekte Wetter als gelungenen Startschuss, wieder mehr am Leben außerhalb meiner vier Wände teil zu nehmen - ich höre innerliche Buhhhhh-Rufe meines bindungsorientierten-ewigstillenden-immertragenden-Mama-Engels auf meiner Schulter. Aber so sehr das Ganze mit eitler Wonne angefangen hatte, so fest knallten wir auf das Pflaster der harten Realität. Mein Baby UND ich. Denn was zum wahren Leben außerhalb der behüteten Rosa-Wolken-Klitzekleinbabyzeit noch dazu gehört, ist?? Ja, genau - das Kranksein. Mein Kleiner begann vor ca. zwei Wochen und ich folgte eine Woche später. Und wenn dein Baby so röchelnd und schlecht schlafend neben dir liegt, während du verzweifelt versuchst den Hustenreiz zu unterdrücken (keine Chance!!!) und dein Gesicht gaaaanz tief in den Polster gräbst um zu husten, dann merkst du wieder, was es heißt Mama zu sein. Denn es gibt keine Möglichkeit mehr, dich einfach mal für 2, 3 Tage hinzulegen, meiste Zeit zu schlafen und dann aber auch wieder gesund zu sein. Nein, man eiert halt den Tag so vor sich herum und schleppt Rotznase und Husten drei Wochen schön verpackt im Rucksack mit. Und während ich mitten in der Nacht mit verschwollenen Augen Zwiebel schnitt um Babys Schlafzimmer ergo unseres geruchlich zu verpesten und auf Besserung zu hoffen, dachte ich an eine Chatkonversation mit einer Bekannten, die auf die Frage, wie es uns geht, und meiner Antwort, dass die Nächte sehr anstrengend seien, da Babyboy nach wie vor alle drei Stunden sein Fläschchen (und auf das muss man im Gegensatz zum Busen warten, darum muss man schreien und davon wird man schööön wach) möchte und um halb 5 ausgeschlafen ist, folgendes antwortete: "Ach dazu wäre ich noch nicht bereit, mir ist mein Schlaf noch so wichtig!" Worauf ich gerne geantwortet hätte: "Ja, genau deswegen habe ich mir ein Kind zugelegt. Ich wachte eines Morgens um 10 Uhr putzmunter auf und dachte mir: so, nun brauche ich keinen Schlaf mehr! Nun bin ich bereit im besten Fall alle drei Stunden durch Gebrüll geweckt zu werden, allgemein aufgrund des "Ammenschlafes" einfach mies zu schlafen und um 4, halb 5 ein quengelndes, plärrendes und superwaches Baby neben mir zu haben.' Schlaf ist auch völlig überbewertet. Mit zunehmenden Alter hat man dann ja auch ausgeschlafen. Pha, Schlaf - WOZU??"
Wie auch immer, allmählich erholen wir uns ja auch wieder und wir können beinahe wieder durchatmen...Das waren also unseren ersten Wochen fern unserer Glückseligkeits-Insel.
Es scheint als hätte sich in dieser harten Zeit auch etwas in meinem Sohnemann getan. Neben der Tatsache, dass aus dem kleinen schmalen Würmchen innerhalb der letzten eineinhalb Monate ein recht propperes Kerlchen geworden ist mit typischer Speckfalte an den Schenkeln und über 1500g mehr auf den Rippen, ist er vom süßen, still staunenden, ruhigen, fröhlichen Neugeborenen mit neu erworbenen Fähigkeiten zu einem vollzeitlichen Quengler und Raunzer geworden, sobald man ihn ablegt oder 5 Minuten mit dem selben Amüsement beschäftigen will. Und so trotzt er sämtlichen physiologischen Empfehlungen und möchte am liebsten alles in sitzender Position entdecken, Bauchlage findet er noch immer total doof und sein Spielebogen ist was für Babys. Jede Beschäftigung länger als 3-5 Minuten ist langweilig und wenn schon nicht sitzen, dann bitte herumtragen, aber ja nicht im blöden Tragetuch, da sieht der werte Herr ja wieder nix. Ja, der hübsche Knabe bekommt Charakter...
Neben den täglichen "Kämpfen" zwischen seinen und meinen Bedürfnissen, gibt's aber halt auch diese zuckersüßen, Patschehändchen-Streicheleinheiten (ja, ich geb's zu, meistens sind sie voller Sabber und seine feinen Nägelchen sind suuuuper fies) und einen Schwall voll glucksend-fröhlicher-Brabbelei, die schöner als Musik in meinen Ohren klingt und wo es in den vielen "grrrs" und "aiaiaiais" und "argggrrraaa" und "bllllööö" ganz genau hören kann, wie er sagt:" Mama, ich hab dich lieb, du bist die Beste und schönste Mama - meine Mama! Ich verzeihe dir alles! Geh' nur bitte nie, nie, nie wieder weg von mir, bleib nur ganz nah bei mir!" In diesen Augenblicken fühle ich mich so richtig lebendig, zurück im Leben, in meinem neuen Leben...per Liebkosung Gottes in Form MEINES Wunders, meines Babys.

31. Mai 2015

Abschied...

Ja, dieser Post handelt vom Abschied, vom Loslassen, vom Trauern;
Ich muss mich verabschieden, muss loslassen. Ich habe es geliebt, es gehegt und gepflegt, ihm nur das Beste zukommen lassen, damit es schön wächst und gedeiht. Im Laufe der Jahre wurde es beachtlich groß und nahm einen gewaltigen Platz in meinem Leben ein. Ja, es war mein bester Freund. Es war mir näher als alles andere. Doch nun muss ich es verabschieden und loslassen -
Mein liebes Ego.
Ich habe ja bemerkt, dass sich so einiges geändert hat, seit unser kleiner Prinz das Licht der Welt erblicken durfte. Meine Bedürfnisse, so merkte ich, wurden hinten angestellt - so dachte ich. In Wahrheit haben sie sich aber einfach nur verschoben. Mein Bedürfnis ist ER. Sein Wohlergehen, seine Gesundheit, seine psychische Unversehrtheit, sein Leben. Doch nach vier Monaten muss ich mir eingestehen, dass mit den vielen Vorstellungen und Plänen, wie ich die Babyzeit gestalten wollte, nur meine eigenen Bedürfnisse gestillt worden wäre...wäre deswegen, weil mich die Realität eines Besseren belehrt hat.
Als moderne Jungmama, die sich im Zuge ihrer Ausbildung intensiv mit dem Thema Bindung auseinander gesetzt hat und nun ganz heiß darauf war, gelernte Theorien in die Praxis umzusetzen und dabei ein top sicher gebundenes, psychisch super gesundes uns sozial enorm kompetentes Kind heran zu ziehen, sind mir ALLE gängigen Praktiken um ein Baby bindungsorientiert groß zu ziehen bekannt.
Vom Stillen nach Bedarf überall und zu jeder Zeit und das solange wie möglich über das Co-Sleeping, bestenfalls im Familienbett bis hin zum häufigen Herumtragen in Tuch und Tragehilfe. Dank diversen einschlägigen Ratgebern, die jeder noch so bedacht handelnder Mama mit fundamentalistischen Besserwisser-Floskeln das bindungstechnische Fürchten lehren und dem Durchforsten etlicher Mama-Foren, weiß ich, dass es das Beste ist, mein Kind niemals und unter keinen Umständen schreien zu lassen, es den ganzen Tag immerzu nah an meinem Herzen in der ergonomisch korrekten Anhock-Spreiz Haltung (ACHTUNG: Mami-Experten-Vokabel) zu tragen, es jederzeit, sooft und solange es möchte zu stillen und das am Besten bis es sich im fortgeschrittenen Schulalter selbst dazu entschließt, dass es doch etwas eigenartig ist, sich nach der Mathe-Hausaufgabe an Mamas Busen zu vergnügen. Ein weiteres Muss für jede Mama, die von Kopf bis Fuß auf Bindung eingestellt ist, ist das Familienbett.  Die einzig wahre Vorsorge, eine mental gesundes Kind zu erziehen, ist, wenn es in einem übergroßen Bett zwischen Mama und Papa liegen darf bis es selbst dazu bereit ist, in ein eigenes Zimmer und ein eigenes Bett um zu ziehen - und das passiert bestimmt, so zwischen fünf und fünfzehn Jahren, also keine Panik.
Ja, ich weiß über alles Bescheid. Ich kenne die Argumente der konservativen "mir-hat's-auch-nicht-geschadet" Fraktion vs. die ewig-und-dauernd-stillenden, im Mega-Familien-Matratzen-Lager-schlafenden, Hanf-Kleidung und Massai-Sandalen tragenden Mamas, die sämtliche experimentellen Bindetechniken mit ihrem 16m langen GOS-zertifizierten Bio-Baumwolltuch im Schlaf (im Familienbett) auswendig können. Die Für und die Wider. Und in meinem Kopf gewinnen immer die Nähebedürfnis-Baby-first-Aktivisten. Sie gewinnen und hinterlassen bei mir immer ein Gefühl der Unzulänglichkeit. "Ich stille voll" ist einer Werbeplankette, einem Button ähnlich dem Slogan "yes, we can - we have breasts, so - yes, we can!", den sich diese Mamas auf ihre Brust pinnen (natürlich, als Erinnerungshilfe, mit welcher Seite als nächstes angefangen wird). Was ist denn eigentlich dieses voll im "ich stille voll". Was ist denn halb stillen? Auf jeden Fall hatte ich erwähnte Plankette ebenfalls mit Stolz getragen.
Nach höheren Zielen strebend, sieht bzw. sah mein Babyalltag so aus: Ich bin bzw. war stilltechnisch auf wirklich alles eingestellt, bestens über Stillschwierigkeiten und Ammenmärchen informiert und stets daran interessiert harte Zeiten des Wachstums und der scheinbaren Milcharmut zu überstehen. Fläschchen versuch(t)e ich so lange wie möglich zu vermeiden und wenn dann nur, die extra-schwer-Sauger zu verwenden. Und nur abgepumpte Muttermilch versteht sich. Ein Beistellbettchen steht in unserem Schlafzimmer, um das Co-Sleeping für alle Beteiligten so angenehm wie möglich zu gestalten. Ich besitze fünf (nein, keine satirische Übertreibung) verschiedene Tragesysteme für jedes Gelände, jede Tagesverfassung und jede Witterung. Ich bin besser ausgestattet als ein Babyzubehör-Laden, was diese Dinge angeht.
Und dann kamen die vergangenen zwei Wochen - die Wochen der Veränderung. In denen mein Ego und meine Pläne starben und ich mich wirklich auf MEIN Kind einstellen musste. Angefangen hatte es mit einer unangenehmen Bemerkung während des Wiegens bei der Mutter-Kind-Beratungsstelle. Mein Kind sei viiiiiiiel zu schmal, viel zu dünn, viel zu zögerlich in der Gewichtszunahme. Ich wollte mich nicht verrückt machen lassen und wog mein Baby nicht jede Woche ab, ich vertraute meinen Gefühl und das bemerkte wohl, dass mein Baby zierlich, aber quietschfidel sei. Doch die Worte, die die Dame dort sprachen fühlten sich an wie: DU LÄSST DEIN KIND VERHUNGERN UND SCHAUST AUCH NOCH DABEI ZU!!! Somit war meine Woche gelaufen. Gleich am nächsten Tag holte ich mir eine zweite Meinung meines Hausarztes ein, der mich ein wenig beruhigte. Aber es nützte nichts, zu tief hatte sich das Gefühl des Versagens und angehender Kindesvernachlässigung in meine Gedanken gebrannt. Da fing er an der Trauerprozess. Für mich bedeutete die Option Fläschchennahrung dazu zu füttern das Ende meiner ach so schön erdachten Stillbeziehung. In Wahrheit ließ sich mein Baby nicht durch stillen beruhigen, meistens weinte und zappelte er dabei....einmal mehr einmal weniger. Ich brauchte meine und seine Ruhe, um das Stillen überhaupt möglich zu machen. Da gab es zum Beispiel diese Situation, in der ich mit ihm im nicht-zu-viel-nicht-zu-wenig-Förderwahn einen Babyschwimmkurs besuchte, in dem in der Badepause die engagierte Hebamme zu meinem Baby sagte, er würde jetzt gestillt werden und Mama hätte alles was er brauche dabei. Innerlich schrillten bei mir die Alarmglocken und mit Angst und Schrecken dachte ich daran, jetzt öffentlich stillen zu müssen und das auch noch im Badeanzug (Anm.: Ich musste den Adoptions-Baby-Schwimmkurs erwischt haben, denn diese Mütter hatten definitiv KEINE after-birth-bodies!!). Also entblößte ich mich in einer Ecke zusammengekauert inmitten der anderen Elternpaare ohne after-birth-body und versuchte mein Baby zu Stillen. Wie erwartet, plärrte und zappelte der kleine Mann, was das Zeug hielt...vom Stillen wurde er statt stiller lauter.
Ich schreibe nun schon seit zwei Wochen immer wieder an diesem Post. So lange wie mein Trauerprozess und mein Wahrhaben-Wollen andauerten. Eigentlich tun sie es noch immer. Von ein, zwei zusätzlichen Milchfläschchen am Tag sind wir inzwischen bei einem Fläschchen pro Mahlzeit und über einem halben Kilogramm mehr auf Babys Bäuchlein. Es tat weh zu sehen, wie sehr er sein Fläschchen liebt, inzwischen kann ich mich über sein vor freudig ungeduldiger Aufregung weit aufgesperrtes Schnäbelchen, wenn er das Fläschchen sieht, amüsieren. Ich versuche ihm und vor allem mir noch einen Rest an dieser ganz besonderen Stillnähe zu geben und ihn vor dem Fläschchen zu stillen, aber das ist ihm zu anstrengend, zu wenig ergiebig und überhaupt einfach zu doof, wo es doch dieses wunderbare, nie enden wollende, in gleichförmigem Fluss herausströmende, mit Nektar befüllte Füllhorn namens "Milchflaschi" gibt. Somit sind meine Langzeit Still-Pläne von der harten Realität durchkreuzt worden, weil ich zu den wirklichen 2% der Frauen gehöre, die nicht genug Milch produzieren können. Wie ist das mit Milchkühen, die unzureichend Milch mehr geben? Zum Glück ist man mit mir da gnädiger...
Mein Geheule, meine Getrauere und mein Festgekralle an irgendwelchen Idealvorstellungen waren meinem Baby schnurzpiep, so dass ich nun ein pausbäckiges, fröhlich qietschendes und völlig zufriedenes Flaschenkind bekommen habe. Gott sei's gedankt ist das so.
Meine Vorstellungen müssen fast täglich ein Stückchen sterben und das ist gut so. Denn wo meine Ego stirbt, entsteht ganz viel Platz für mein Baby - seine Liebe, seine Zufriedenheit und sein Wohlergehen. Mein neuer Lehrmeister ist vier Monate alt, zahnlos und muss bei einer Netto Lächel- Glukszeit von mindestens neun Stunden pro Tag wissen, wie man glücklich wird. Ich sollte öfter auf ihn hören.

5. Mai 2015

mom's first night out

Party, Drinks, eine wild durchtanzte Nacht mit den Mädels - das ALLES....hab ich nicht gemacht. Es war nur ein biederer aber lustiger Nachmittag/Abend mit anderen Damen unterschiedlichsten Alters - ABER, ich war weg. Ich war mehr als die seltenen zwei Stunden zwischen zwei Stillmahlzeiten getrennt von meinem Baby. Es war aufregend, es war neu, es roch nach neuen Möglichkeiten und - es tat ein bisschen weh.
Unser eingefrorener Muttermilchvorrat wurde das erste Mal angetastet und für unser Baby bedeutete der Tag hartes Flaschentraining und kalter Entzug von Mamas warmem Busen (Aber nur ausnahmsweise, nicht für immer - noch nicht).
Operation "cold turkey" ereignete sich wie folgt. Unauffällig, gewöhnliches Verhalten am Vormittag. Um die Mittagszeit bereitete mein Mann sein Magazin an Fläschchen und  einen Fläschchenwärmer vor - mit Bratenthermometer versteht sich. Und es dürfen auch nuuuuur die extra schweren Mama-Busen-ähnlichen-hard-work-Nuckel verwendet werden. Er soll ja nicht auf den Geschmack kommen, der junge Mann...
Ein gemeinsames Mittagsschläfchen mit Mama machte die Tarnung perfekt - na, gut, ich geb's zu - es war einfach super gemütlich und ich konnte meinen versäumten Nachtschlaf ein kleines bisschen nachholen. Ich schlich mich noch während Baby schlief aus dem Zimmer, klatschte bei Papa ab, dem offensichtlich die Erstmaligkeit des Ereignisses klar wurde und mir ein mit weit aufgerissenen Augen gebrülltes "AHHHHHH, jetzt gehts los" entgegnete. Ich verließ unser Zuhause und da stand ich - ein Gefühl wie nackt, wehmütig, wissend, dass ich mein Baby erst wieder in sechs Stunden (!!!) sehen würde und mit einem verschämten Fünkchen Hoffnung, dass Mamas Superkräfte benötigt werden, um das Chaos aufzuhalten, die Welt zu retten und die ganze Aktion zwischendrin abgeblasen werden müsste (ich war ja noch immer im selben Ort und schnell erreichbar). Die WalkieTalkies alias Handys waren auf Vibrationsalarmbereitschaft und ich war es auch.
Bei der Veranstaltung mit Kuchen und Tee angekommen fühlte sich das Ganze erstaunlich gut, frei und irgendwie aus grauen, kinderlosen Tagen bekannt vor. Weswegen sich auch sogleich ein schlechtes Gewissen breit machte.
Um die Geschichte kurz und schmerzvoll zu machen: Sehr bald flatterte eine SMS mit sinngemäßen Inhalt von meinem Mann "Fläschchen geext - gerülpst - zufrieden". Gefolgt von einem Selfie mit schlafendem Baby auf Papas Brust in der Babytrage. Dem wiederum folgten mehrere Nachrichten über die Stunden verteilt mit dem Inhalt "Superdad!", "I'm Superdad", "Unser Sohn hat einen Superdad", etc.
Es war also soweit - ich war ersetzt - erfolgreich abgelöst von einem Plastikfläschchen und meinem Mann. AUA! Ja, ich fühle mich als würde er übermorgen Matura machen und nächste Woche ausziehen, um mit seiner Extreme-Survival-Adventure-Sportler-Freundin nach Timbuktu durchzubrennen, um dort mit Kannibalen-Stämmen Klippen hinabzustürzen. So schnell geht das also. Ja, klar, es eröffnet neue Möglichkeiten, ich kann auch mal ins Kino gehen oder shoppen. Aber will ich das??? Mein after-baby-body ist doch (noch bzw. wird er es jemals sein??) nicht gesellschaftstauglich. Und was ich alles verpassen könnte!!! Vielleicht sagt er das erste Mal "Mama" und ICH VERPASSE ES!? Okay, okay, er ist drei Monate alt - was ich verpassen könnte, wären fünf Bäuerchen, ein bis zwei volle Windeln und ein paar gebrabbelt gesabberte Laute. Aber DAS verpass' ich!! Und vielleicht wird er es mir übel nehmen? Vielleicht möchte er ja nicht mehr gestillt werden, weil das mit der Flasche doch so viel einfacher geht? Die über stillende Mütter schwebende Gefahr namens Stillverwirrung lauert mir schon auf! Vielleicht will er nur mehr Papa's Nähe, wenn er weint...Wird er überhaupt noch wissen, wer ich bin??
Das Ende meines Loslass-Dramas war, dass ich heim' gekommen bin, mein Mann und ein Freund auf der Couch lümmelten und kurze Zeit später das Babyphon schrill, aber wie Musik in den Ohren, flüsternd brüllte "Mama, Mama, nur du allein. Nur du kannst meine Rettung sein". Also begab ich mich zu meinem engelhaft kreischenden Würmchen, legte mich zu ihm, stillte ihn, er trank als hätte es nie ein Fläschchen gegeben und wir taumelten in wiedervereinter Glückseligkeit.

Wen ich auf die Frage, wie es mir denn das erste Mal ohne Kind geht, mit einem kurzen "ganz gut, wenn's auch ein bissl weh tut" abspeiste, verzeihe mir. DAS sind die wahren Gefühle einer Erstlingsmama, die einen auf Mom's first night out macht.

14. April 2015

Und dazwischen - pures Glück

Meine Posts sind ja doch immer mit einer Prise Spitzzüngigkeit und einem Hauch Sarkasmus gewürzt. Im Grunde ist es ein (gar nicht so) verstecktes Jammern auf hohem Niveau. Und nicht etwa, weil ich so niveauvolle Texte verfasse.
Ich will heute noch einen Schritt weiter gehen - ich werde euch die völlig unverblümte Wahrheit zumuten. Ich packe aus, ich gebe es zu, I confess.

Mein kleines Baby liegt seit 19:30Uhr im Bett, wie er das seit seiner 6. Lebenswoche macht. Ich habe ihn in den Schlaf geküsst, nach 10 Minuten wachte er noch mal weinend auf, ich tat es noch einmal.
Nachts wird er, wenn es ihm gut geht, vielleicht drei Mal aufwachen, dann werde ich ihn stillen. Und morgens stille und kuschle ich ab 5 Uhr mit ihm und werde um ca. 7 Uhr mit einem unglaublichen Lächeln begrüßt. Er wird spielen, viel schlafen, ein kleines bisschen weinen und vor alles sehr viel lachen. Wenn ich mein Gesicht für eine Portion Schmusen zu seinem Gesicht bewege, sperrt er sein Mäulchen lachend auf und erwartet eine Dusche voller Küsse. Wenn er müde wird, spielt er mit meinen Händen und wird mit seinen winzigen Händen einen Finger von mir umfassen und festhalten. Er wird pupsen und rülpsen und wir werden uns darüber freuen. Wenn es ihm nicht weh getan hat, wird er darauf hin grinsen. Er wird mich beim Stillen mit großen Augen ansehen und wenn er bereits satt nur mehr nuckelt und ich mit ihm spreche wird er mich angrinsen und gurrende Geräusche machen. Er wird seine Hand zu einer Faust ballen sie in die Luft strecken und bewundernd ansehen und versuchen nach Papas Gesicht zu greifen, wenn er sich zu einem Schwätzchen über ihn beugt. Er wird seine Lippen entspannt nach vorne stülpen und mit großen dunkelblauen Augen zufrieden die Welt um sich beobachten, wenn er auf den Armen seines Papas ruht. Und er wird wissen, wenn er weint, wird er aufgehoben, geküsst, geschaukelt und bemitleidet bis es keinen Grund mehr für Traurigkeit gibt.

Ich gebe es zu: Es ist pures Glück, dieses Kind. Jeden Tag, auch wenn er mit kleineren Herausforderungen gespickt sein sollte, danken wir unserem großen Papa Gott für dieses Wunder. Er ist bezaubernd, wunderschön, unglaublich, so wertvoll, beglückend, so liebenswert. Unser Kind.

Pures Glück. Pure Liebe.

Punkt.

9. April 2015

Das dritte Monat und...ich

Wir (ich sehe SEIN Wachstum doch irgendwie als Gemeinschaftsprojekt) befinden uns im dritten Monat, genauer gesagt in der 11. Woche und im vorgezogenen 12. Wochen-Wachstumsschub. Gott sei's gedankt, habe ich ein tolles Buch, dass ich im Falle von "Mama und Baby drehen völlig durch" zu Rate ziehe und nachsehen kann ob es sich um einen Wachstumsschub handelt. Zeitgerecht werde ich sogar per Mail daran erinnert. Ja etwas bizarr, wenn man im Grunde daran erinnert wird, dass sich dein Engelchen die nächsten zwei bis vierzehn Tage in ein dauerbrüllendes, mit Schweiß und Erbrochenem an dir klebendes, dauernuckelndes und schlafloses Monsterchen verwandeln wird. Man will ja auch keine SMS bekommen, wo mit Garantie drinnen steht: Ey, die nächsten Tage werden total kacke. Aber glaubt es mir oder nicht, das Wissen, dass einem das jetzt erwarten wird und Monsterchen nicht etwa krank, sondern völlig überrumpelt von den neu erworbenen Fähigkeiten und der erweiterten Wahrnehmung ist, macht es viiiiel erträglicher. Ich weiß dann, in den nächsten Tagen wird's eher "gemütlich" - was Erledigungen, Hausarbeit, Kochen und Treffen mit anderen Menschen angeht. Dauerstillen ist auch irgendwie gemütlich. Ich mag die Nähe und das Gebraucht-Werden. Und endlich mal was, was Papa nicht (besser) kann - HA! Ja, okay, darum muss auch ich nachts vier Mal ran und mein Tag ist in einem zweistunden Rhythmus gegliedert. Auch ist meine Mobilität und Gesellschaftstauglichkeit dadurch eher eingeschränkt...ABER...ich mag es trotzdem :)

Apropos Gesellschaftstauglichkeit...Ich war ja ein Mensch dem Mode gewissermaßen schon irgendwie wichtig war und der sich durchaus auch zwei Mal am Tag umgezogen hat, wenn mir nach einem anderen Outfit war. Ja, ich geb's zu, umziehen tu' ich mich jetzt auch öfter - jedes Mal, wenn sich halbverdaute Muttermilch aus dem Mäulchen meines Schätzchens über mich, vorzugsweise exakt in mein Dekolleté ergießt. Inzwischen haben sich meine Ansprüche was mein Outfit angeht doch etwas geschmälert. Wenn ich mit meinem Kleinen spazieren oder auch irgendwo anders hingehe, zählen folgende Attribute für die Bekleidung: A) es sollte gewaschen sein bzw. den Anschein nach außen danach machen. B) ich sollte irgendwie reinpassen und es sollte den Großteil meiner Leibespracht verhüllen. Und in der schwierigen Ergänzung dazu C) es muss sowenig Stoff haben, dass ich nach wenigen Minuten und einem an mir klebenden Baby NICHT aussehe wie frisch geduscht und D) der Ausschnitt muss soweit dehnbar sein, um immer und jederzeit an die Nahrungsspendemaschinen zu kommen. Übrigens sind das im Moment auch meine Ansprüche an Kleidung, wenn ich shoppen gehe - sieht lustig aus, wenn ich in einem Kleidungsgeschäft, wenn ich denn mal in eines komme, direkt zu den Kleiderständern mit den T-Shirts hinstarte und am Ausschnitt zerre, um sie auf ihre Tauglichkeit zu testen.
Irgendwas mache ich diesbezüglich anscheinend gehörig falsch. Wenn ich also mit Söhnchen im Kinderwagen oder im Tragetuch nach draußen in Turnschuhen, in Jersey-Basics (die dehnen sich so schön) und darüber eine nicht zu dicke pinke (! Ich mag kein pink, mein Mann hasst pinkt - war ein Blitz/Not/Verzweiflungskauf, war nix anderes da) Übergangsjacke und schnaubend vor mich hinschwitzend los starte, kommen mir Mamas mit Kinderwägen zu Hauf entgegen. Und sie haben alle etwas gemeinsam, was mich von ihnen auf ganzer Linie unterscheidet - sie sehen blendend aus!!! Sie tragen Stiefel mit Absätze, sie tragen JEANS!!!, sie tragen adrette, modische Jacken, sind geschminkt und haben FRISUREN!!!! Wie machen die das?? Oder was mache ich falsch?? Ich bin froh, wenn ich meine neu erworbenen Winter-Schwimmreifen in eine Leggins und ein Schlabber T-Shirt packen kann (übrigens schlabbert dann alsbald nicht mehr das T-Shirt, sondern eben e nur mein Bauch, T-Shirt sitzt dann straff). Dazu noch Turnschuhe, denn in alles andere passen meine Füße nicht - wenn der Körper nicht mehr weiß, was er denn noch alles breiter machen könnte, dann kommen halt die Füße noch dran...Ohren wären noch eine Option gewesen...die sind, soweit ich das beurteilen kann, so geblieben, wie sie waren. Ja, meine Ohren, die sind ganz die Alten geblieben.
Und es klingt noch in diesen alten Ohren, die Prophezeiungen, die mir während der Schwangerschaft die Sterne vom Himmel versprachen und sagten: "Wirst schon sehen, wenn du stillst, dann reißt's da's runter, die Kilos!" Jaaaaaa klaaaaaaar - ich habe euch geglaubt! Ich habe mich darauf gefreut und gehofft. Aber wie es aussieht gehöre ICH natürlich nicht zu denen, die vom Stillen abnehmen. Nein, ganz im Gegenteil, mein Körper verwechselt meine Oberschenkel mit den Höckern eines Kamels und meint wohl, die müssten kräftig angefüllt werden. Bald möchte ich zum Babyschwimmen gehen. Challenge!!! Eine Freundin, die den Kurs bereits besucht, erzählte mir, dass die Mamas dort aussehen, wie nie-schwanger-gewesen. Keine überschüssigen Pfunde (alles unter 5 kg gilt nicht) und keine Streifen!!! Ich hingegen sehe aus wie Pfannkuchen, an dem Erdbeersoße runterläuft. Es ist zum Weinen. Mir scheint als gäbe es das Prinzip, dass die sowieso Schlanken nach einer Geburt auch wieder gut und schnell abnehmen und die sowieso Moppeligen bleiben auch ihrer "Linie" treu. Aber wie sagt mein Mann "von was Schönem kann man nie genug haben". Naja, ich denke, jetzt hat er wohl doch auch mal genug. Macht nix, (m)ein liebender, hingebungsvoller Mann beteuert trotzdem jeden Tag, dass ich schön sei, was ihm meist eine garstige Antwort einbringt anstatt eines Danke. Aber es beruhigt, zumindest ein wenig.
Ihr merkt, ich kämpfe mit meinem "neuen" Körper. Ich muss ihn wieder kennen lernen, akzeptieren. Ich weiß nicht, ob ich einmal sagen werde können, dass ich auf die Streifen stolz bin. Ganz ehrlich. Sie sind hässlich. Sie gehen nie wieder weg, sie werden silbrig und lassen das Gewebe wie eine Ziehharmonika wirken. Es ist nur ein Zeichen für schwaches Bindegewebe.
Aber was mich stolz macht, ist mein Sohn, mein Mann, meine Familie. Nicht weil ich irgendwas dazu geleistet hätte, sondern weil sie so sind, wie sie sind. Weil sie alles wert sind. Weil sie mich lieben, so wie ich bin, auch dann, wenn ich es nicht kann. Weil mich mein Baby anlächelt, als wäre ich das Schönste, Erstrebenswerteste, Leckerste, Lieblichste, Lustigste und Wichtigste auf der Welt, was ich auch bin - seiner Welt.

20. März 2015

Vom zweiten Monat und von den zwei Polen...

Die Sonne verfinstert sich...

Nein, keine Sorge - nur im astronomischen, total wörtlichen Sinne. Sollte nur das Interesse der LeserInnen wecken. Ich sitze in meinem Ohrensessel neben dem Stubenwagen meines von den Strapazen der letzten Nacht müden Sprösslings und harre dem vierten Versuch ihn zu seinem Vormittagsschläfchen zu bewegen, während ich das Spektakel der partiellen Sonnenfinsternis per livestream mitverfolge. Denn als übervorsichtige Mama traue ich mich nicht mein Baby draußen bei einem Spaziergang der Gefahr auszusetzen, einen versehentlichen Blick in die Sonne zu werfen und sich dabei grauslige Verletzungen der Netzhaut zu zuziehen...nein, nein, nein...Meine Oma muss mit Besuch warten bis nächsten 18 Jahre bis zur nächsten partiellen Sonnenfinsternis abzulaufen beginnen. Spannend übrigens...die Vorstellung, dass ich sowas das nächste mal mitverfolgen werde, wenn der kleine Milchsauger neben mir seine Volljährigkeit erreicht hat. Wie wird er die wohl mitverfolgen? Als interessierter Intellektueller mit Schutzbrille, in einer Sternwarte und top informiert? Oder eher auf irgendeinem Hügel mit ein paar Kumpels, ein paar Bierchen und OHNE Schutzbrille? Alles Spekulationen, ich weiß, aber so eine Mischung von beiden das wärs - intelligent, sozial kompetent und fröhlich - man wird sich doch noch was wünschen dürfen...

Na gut, wir (ja, meine Selbstständigkeit und Identität wurde durch ein kollektives WIR ausgetauscht) haben das zweite Monat hinter uns. Und ich schwebe irgendwo zwischen Mutter-Frust und Mutter-Glück. Und das schwankt fast minütlich. Im einen Moment betrachte ich meinen Engel und es rollen mir die Freudentränen über die Wange, im nächsten Moment denke ich mir "guten Tag, guten Tag, ich will mein Leben zurück". Und das schlimmste ist, ich kann es nicht mehr auf meine Hormone schieben - es liegt tatsächlich an den Umständen.
Laut Lehrbuch ist der Peak an Schreistunden in der 6. Woche auf seinem Höhepunkt und sinkt dann wieder. Genau so war es. Sohnemann weint pro Tag höchstens eineinhalb, zwei Stunden über den Tag verteilt und fast nur wenn ihn seine Verdauung quält. Das tut sie jedoch regelmäßig und am ausgiebigsten vorm Schlafengehen und um halb vier Uhr morgens. Neben den drei bis vier Stillmahlzeiten sind die nächtlichen Unterbrechungen am Schlimmsten...die gehen mir am meisten auf die Nieren. Oft fürchte ich mich vor der Nacht - in denen ich so wenig zur Ruhe komme, während mein Mann friedlich schnarchend vor sich hin schlummert. Das macht mich oft wahnsinnig und frustriert. Das Gute daran, er hat, wenn ich ihn wecke und darum bitte, die Ruhe und die Nerven, um den Kleinen in seinen wildesten Schreiphasen nachts zu beruhigen und in den Schlaf zu wiegen. Dann, wenn ich meine Nerven schon zum Recyclinghof gebracht habe. Es ist toll - und es nervt, tierisch...Mein Mann, der Retter in der Not. Er verbringt nur wenige Stunden am Tag mit dem Kleinen und schafft es dem Kleinen Ruhe und Ausgeglichenheit zu geben...Sauerei sowas! Großartig sowas!
Ja, man merkt schon - die zwei Pole, von denen ich sprach, sind allegegenwärtig: Mutter-Frust vs Mutter-Glück; Papa-Vorteil vs. Papa-Neid;
Diese dämlichen Pole des Paradoxen tauchen auch in meiner Tagesbeschäftigung auf. Ich tue kaum etwas, also etwas Produktives im Haushalt oder anderswo. Und trotzdem bin ich ständig beschäftigt und eingenommen von meinem Baby. Stillen - Wickeln - Spielen - Herumtragen - in den Schlaf wiegen - vielleicht selbst ein wenig Schlaf nachholen oder mal die Wäsche sortieren - Stillen - Wickeln - Spielen...all day long. Und am Ende des Tages, fühle ich mich in Anbetracht der Staubschicht auf den Möbeln, den Krümeln auf dem Boden und den Wäschekörben so als hätte ich rein gar nichts gemacht. Dafür ist es erstaunlich, wieviel man in eineinhalb Stunden abends schafft, wenn Papa's Baby-Schicht anfängt.
Doch allmählich kommt etwas Regelmäßigkeit in unseren Alltag und Fröschlein liegt auch gern mal zappelnd in seinem Stubenwagen unter dem Mobile oder unter dem Spielbogen und gluckst vor sich hin. Das gibt mir ein wenig Luft und ich kann ein paar Kleinigkeiten daneben erledigen. Ab und zu, in einem guten Moment akzeptiert er auch das Tragetuch und ich kann etwas einfaches kochen. Bevor man ein Kind hat, glaubt man nicht, dass man SO ETWAS als ein Stück "Ausgleich" empfindet.
Mein momentanes Tageshighlight ist, wenn mein Mann nach Hause kommt. Er bringt etwas Ausgleich, nimmt voller frischen Elan und Freude den kleinen Mann und ich kann mich auskotzen oder in aller Ruhe duschen gehen. Fehlen diese paar Stunden und die Unterstützung nachts, bin ich quasi ein ängstliches Häufchen Elend. Tja, das was die taffe (ja, das darf man auch so schreiben, habs gegoogelt) Miriam zu einem ängstlichen Häufchen Elend macht, ist ein keine 60 cm großer Mini-Mensch mit zuckersüßem zahnlosen Lächeln und Haaren auf den Ohren!
Heute Nacht ist Premiere - mein Mann ist das erste Mal seit unser Baby da ist von berufswegen über Nacht weg. Und mir graut davor...Und es folgen in den nächsten Monaten noch einige solcher Nächte allein. Aber mir bleibt nichts anderes über als das Kind, im wahrsten Sinne des Wortes, zu schaukeln.
Ein weiterer Meilenstein in zwei Monaten Mama-Glücksfrust sind die ersten guten Vorsätze die nicht mal mehr flöten, sondern eher Tuba spielen gehen. Als moderne, bindungsorientierte Mama möchte man ja alles was Bindung fördert und möglichst natürlich ist in seinen Erziehungs- und Pflegealltag einbauen. Die Liste ist endlos, was man dazu nicht alles am besten machen könnte. Und die Glaubensgemeinschaften sind da strikt...da gibt es die Anhänger, die das Wagerl-Vorsichherschieben, das im eigenen Zimmer Schlafen lassen, das Flascherl Geben für mittelschwere Kindesmisshandlung halten. Dazu gibt es diverse Freiheiten - Windelfrei, Schnullerfrei...so natürlich und so eng an Mama wie möglich soll das Kind aufwachsen. Und schwebe da irgendwo dazwischen - ich wäre gern Tragemama, aber mein Kleiner mag die Tragetuch oft nicht, zumindest nicht wenn er wach ist. Das Wagerl mag er ebenso wenig. Nur meinen gewonnenen Retro-Super Schlitten, der nichts kann außer hübsch aussehen und wie ein Einkaufswagen bei Aldi klappern, den mag er. Stillen tu' ich, bei uns schlafen tut er auch. 8 von 10 Punkten auf der Hippie-back-to-the-roots-Mama-Skala. Schnullerfrei - das war mein Vorsatz...anfangs hatte ich gar keine zu Hause. Aber irgendwie rutschte doch einer in unser Baby-Equipment und trotz einigen Wochen ohne Schnuller und Dauernuckeln an Mama's Busen oder Finger, entschied ich mich, doch wieder einmal anziehen zu wollen bzw. meinen Finger schrumpelfrei haben zu wollen und gab ihn das blöde Saugding. Diese üble Kunststoffverarsche...tja. Nachdem ich mir eingestehen musste, dass ich Schnullerfrei nur mir selber zum Ziel machte, um mir selber etwas zu beweisen, ließ ich es sein und gönnte dem von heraufrutschendem Magensaft gequälten Kind etwas Nuckeln. Aber mir tat es schon weh - Punkteabzug zur Super-Hippie-back-to-the-roots-bindungsorientierten-Mama...mal sehen wie viele Punkte ich noch abgezogen bekomme, um endlich völlig cool und mit besten Gewissen singen zu können "I did it my way!"
Vielleicht nach dem dritten Monat...da soll ja alles anders werden...soll ja...


5. März 2015

Vom ersten Monat und vom ersten Menschen...

Ein Monat.
Genauer gesagt sind inzwischen bereits fast 6 Wochen vergangen seit unser Fröschlein das Licht der Welt erblickt hat.
Ich hatte ja alsbald bemerkt, dass die Ankunft eines solchen Mini-Menschen ALLES verändern würde, jedoch war mir das Ausmaß dieses ALLES nicht wirklich bewusst. Jetzt dämmert es mir langsam.
Ich werde oft gefragt, wie es mir geht. Meist in Situationen, wo Fröschlein selig schlummert und jeden Engel in den Schatten stellt. Der Gesichtsausdruck der Fragenden suggeriert dabei meist eine zu gebende Antwort im Stile von: "Müde, aber glücklich!" Da fällt mir ein, dass ich schon des öfteren darauf angesprochen wurde, ich sehe müde aus...dabei war ich es gar nicht - tja. Neuerdings bin ich müde, nicht wenn ich unter Leute gehe - das gibt mir (meistens) einen Energieschub, aber ansonsten. Schlaf hat eine ganz neue Qualität - nämlich keine. Alle eineinhalb bis zwei Stunden eine dreiviertel Stunde bis ein einhalb Stunden damit beschäftigt zu sein, zu stillen und anschließend das vom Bäucherchen-das-nicht-raus-will-aber-muss aufgewachte Kind wieder zu beruhigen, ist der körperlichen Erholung nicht zuträglich.
Ja und dann sind da noch die vielen Stunden des Schreiens, weil der Kleine nicht Herr seiner Gase ist. Die machen sich's nämlich sehr gemütlich im winzigen Verdauungstrakt des Zwergs und machen einen auf Flaschengeist, der nicht raus will. Und wenn dann so ein Biest raus katapultiert wird, egal an welchem Ende, dann jubeln die "müden, aber glücklichen" Eltern, bevor der nächste Schmerzschwall über das Menschlein einbricht. Was soll das überhaupt? Müssen e schon geboren werden, müssen sich dann bemerkbar machen, wenn ihnen was fehlt und werden dann sofort erzogen mit blöden Floskeln wie "du verwöhnst ihn" und "wirst schon sehen, was du davon hast, wennst..." oder "den bekommst du nie mehr los, wennst..." ihn immer herumträgst, in eurem Bett schlafen lässt, nicht mal in seinen Stubenwagen oder in den Kinderwagen legst. Aber ich will ihn doch gar nicht los bekommen, ich hab ihn doch erst bekommen. Und ich bin der Überzeugung, dass man den Kleinen die kurze Zeit des Kuschelns, der vollkommenen Nähe, der verschwenderischen Liebe, Fürsorge, Zärtlichkeit und Küsse als Start in ihr Leben geben und gönnen soll. Das "psssssst" und "NEIN!" und "jetzt nicht" lernen sie noch bald genug. Jetzt ist die Zeit des Verwöhnens, denn die Zwerge stellen keine Ansprüche - sie benötigen, wie die Luft zum Atmen, unsere Nähe und Fürsorge. Da ist nichts Unverschämtes, nichts Forderndes, nicht Manipulatives - da ist nur Bedürfnis.
Und deswegen stille ich ihn - wann er Hunger hat, deswegen lasse ich ihn nicht schreien, deswegen schläft er in oder neben unserem Bett, deswegen trage ich ihn herum und benütze lieber eine Trage als einen Kinderwagen. Und es ist interessant, wie all diese Dinge zum Streitthema werden können zwischen Menschen mit unterschiedlichen pädagogischen Vorstellungen. Man merkt sehr schnell als Jungmama, dass es sich beinahe schon um Glaubensbekenntnisse handelt, wenn man über die verschiedenen Themen der Baby- und Kleinkinderziehung spricht. Und Mütter sind in dieser Hinsicht echte Extremisten in ihren Glaubensüberzeugungen. Und da nehme ich mich nicht aus ;)
Was ich sagen möchte - "Müde, aber glücklich" trifft es nicht. Das ist nicht, wie es mir geht. Ich bin...erschöpft, müde, verunsichert, unter Druck, ständig in Alarmbereitschaft, zerzaust, vollgekotzt und ausgenuckelt. Ich bin... über alle Maßen beschenkt; bis über beide Ohren verliebt; ständig am Kuscheln und Küssen; voll mit tollen Glückshormonen; glücklich darüber, dass ich durch das Stillen ein Freibrief für einen Teil meines Schokokonsums habe; jetzt für zwei Menschen auf diesem Planeten der wichtigste Mensch auf Erden;
Ich bin...Mama halt.
Und das fühlte sich im ersten Monat erst einmal an, als wäre ich der erste Mensch. Ich musste alles von Grund auf neu lernen und entdecken - einhändig, für zwei und unter Zeitdruck. Das galt für alles. Ob es die Organisation meiner Morgentoilette oder ein Besuch bei meiner Schwester war. Alles wurde zu einer riesigen Hürde, die ich erste lernen musste zu bewältigen. Ich lerne mich jetzt straff zu organisieren, während Planung durch die Unregelmäßigkeit des Rhythmus des Kleinen fast unmöglich ist. Ein Paradox von vielen - Organisation ist nötig, während Planung nicht möglich ist.

Und an dieser Stelle und auch schon früher hätte ich folgenden Satz einfließen lassen müssen, um Kritikern vorzugreifen "Ja, ich weiß, mit mehreren Kindern ist das noch viel krasser; Ja, und ich weiß nicht, was ich täte, wenn ich mehrere hätte - ich hab jetzt mal eines und bei dem mach ich es so, wie ich mir das vorstelle, okay?".

Ich bewundere alle Mehrkinder - Mamas und vor allem alleinerziehende Mütter - ihr seid Heldinnen!
Ich habe eines, ein völlig gesundes, fröhlich frisches, kleines Menschlein - und fühle mich wie der erste Mensch mit ihm. Was dagegen spricht, dass ich der erste Mensch bin, sind die Erwartungen und der Druck von außen und an mich selber. Den gäbs nicht, wäre ich die erste, die das erleben würde. Aber so haben sich bereits viele, viele Menschen Gedanken über Sollen und Wollen und Müssen in Sachen Baby gemacht und dieses Sollen-Wollen-Müssen ist frei zugänglich in diversen Büchern, im Internet und Mitmenschen. Und die machen Druck.
Bei uns fing es an mit dem Gewicht. Während wir als Erwachsene immer damit kämpfen, in ein Schönheitsschema F zu passen, indem wir ständig Gewicht verlieren wollen, gibt es ein Schema F für Babys, welches Gewicht sie wann erreichen sollen. Unser Kleiner fiel da nicht rein, nahm zu wenig zu. Die Empfehlung war sogleich ihm extra Nahrung zu geben - also aus Angst, dass er zu wenig bekommt, Flascherl rein. Von der anderen Seite, der stillenden, heißts "Nein, kein Flascherl!" Saugverwirrung, Anfang vom Abstillen...und ich heulend, verunsichert und mit einem schreienden Kind irgendwo dazwischen.
Nachdem die Gramm-Reiterei für ein, zwei Wochen zum Lebensthema wurde, beschloss ich, wieder auf 0 zu schalten und meinem Gefühl zu trauen und es einfach so zu machen, wie ich es mir denke. Und siehe da - es funktionierte am besten.
Vielleicht wäre es sogar besser der erste Mensch zu sein, dann müsste man nicht von den Vorerfahrungen und Ratschlägen und Schemen "profitieren".
Aber so ist das halt - das erste Monat. Da groovt man sich aufeinander ein, da lernt man innerhalb kürzester Zeit sich selber und einen neuen, nie da gewesenen Menschen kennen und lieben, da darf man da - sich fühlen wie der erste Mensch.
Und es hat auch seine guten Seiten dieses Gefühl. Die Intensität der Wahrnehmung steigt mit dem Erleben von vielen "zum-ersten-Malen".

Zum ersten Mal Mama.

11. Februar 2015

Wenn der Hulk sich verliebt...

In den letzten 16 Tagen ist soviel passiert und mein Kopf sprudelt über vor tausenden Ideen für neue Blog-Posts, während mich ein kleines, feines Kerlchen meist daran hindert, irgendeinen Gedanken jenseits meiner beschaulichen vier Wände zu fassen. Paradox.
Ich habe mich nun dazu entschieden chronologisch vorzugehen und doch noch mal DAS Geburtserlebnis aufzugreifen...bei den Worten "das Geburtserlebnis" höre ich in meinem inneren Ohr eine tiefe, dramatische mit Hall unterlegte Stimme...Wieso nur?

Wie ich bereits im vorangegangenen Post erwähnt habe, habe ich sie nicht vergessen - die Schmerzen. Ich habe nichts davon vergessen, was ich gefühlt habe, sehr wohl aber, was so alles um mich herum passiert ist. Dafür ist mein Mann zuständig, er hat ein hervorragendes episodisches Gedächtnis und kann mir alle Details dieser einmaligen, krassen, Grenzerfahrung erzählen, die ich aufgrund meines tranceartigen Zustands nich mitbekommen habe.

Ich verstehe auch nicht wieso irgendwelche Extremsportler für ihre Grenzerfahrungen wie das Raufklettern, Besteigen, Herunterspringen, Durchqueren von irgendwas und irgendwo bejubelt werden und eine dicke Schlagzeile oder auch ein fettes Sponsering von Red Bull bekommen. Bei einer Geburt kommt am Ende nur eine SMS mit den Worten "Mutter und Kind sind wohlauf"...
Ja klar sind sie das - in den meisten Fällen - dafür sind ja die Hormone da. Aber was sie DAVOR geleistet haben - pfffff...DAS sollte mal so ein Extremsportler (männlich) erleben! Ich geb zu, das mit dem Sponserin könnte etwas schwierig werden, aufgrund der Häufigkeit und der schwierigen Vermarktung des Ereignisses. Aber mal ehrlich. Ich kanns jetzt noch weniger verstehen, da ich es selber erlebt habe, dass ein Mensch (sorry, da muss ich fast gendern - Menschin) sowas überleben kann. In der einen Minute meint frau sie sehe bald das Licht am anderen Ende des Tunnels und in der anderen strahlt sie vor Glückseligkeit und ist im besten Fall nahezu topfit.
Und dann spricht man - wie in meinem Fall - von einer Traumgeburt.
Was also ist (m)eine "Traumgeburt"?
Ich hatte ab vier Uhr morgens Wehen, so dachte ich zumindest und wie sich herausstellte, waren das auch welche. Um halb neun Uhr morgens hatten wir einen Routine-Kontrolltermin im Krankenhaus. Von dort wurden wir mehr oder weniger wieder nachhause geschickt, da es sich ja doch auch noch um Tage handeln könnte bis es dann wirklich so weit sei.
Zuhause machte ich noch ein Nickerchen, nahm ein Bad und harrte der Wehen, die so alle 15 bis 20 Minuten kamen. Danach so alle 10 - 13 Minuten. Mein Mann führte in seiner Art selbstverständlich schriftlich Protokoll. Plötzlich übersprangen die Wehen die nächsten 5 Minuten, sodass wir zügig in das Auto stiegen, weil die Wehen alle 5 Minuten daherkamen. Inzwischen war ich mir auch aufgrund meiner Lautstärke sicher, dass es sich um echte Wehen handelte...war ja vorher nicht ganz so eindeutig. Mit Verabschiedungskommittee meiner Eltern machten wir uns gegen 18 Uhr auf den Weg ins Krankenhaus, mein Mann blieb die dreiviertelstunden Fahrt wie besprochen ruhig und gelassen, während ich mich lauthals meinen Schmerzen hingab - tja da wusste ich noch nicht, was noch auf mich zukommen würde. Beim Krankenhaus angekommen, war natürlich kein Parkplatz frei, sodass wir den VIP Platz direkt vor der Eingangstür gleich neben den Rauchern einnahmen, die sogleich die Gelegenheit hatten wie einem Zootier durch ein Glasfenster beim "Veratmen" (ha, verjammern, verschreien - aber nieee zu hoch, immer schön tief...) der nächsten Wehe zuzusehen und zu hören. Ein tolles Erlebnis die interessiert, gaffenden, aber doch entspannten Blicke zu sehen, während frau sich denkt "DIE GAAAAANZE WELT MUSS DOCH JEEETZT SCHMEEEERZEN HABEN!!!" Begleitet von gegrinsten Glückwünschen der Passanten hiefte ich meinen enormen, schmerzenden Leib schnaubend aus dem Auto, in den Lift und hinauf zur gynäkologischen Abteilung.
Dort angekommen läuteten wir bei der Kreißsaal-Lobby (Ja, mit automatischer Schiebetür, schicken Empfang, freundlichen Farben und der Aufschrift "der Weg ins neue Leben"). Leider durften wir noch nicht ganz dort einchecken, sondern ich wurde in der "Schwangerenambulanz" noch mal ans CTG angehängt. Nach ein paar Untersuchungen und gefühlten 18h (ja, okay, es war wahrscheinlich nur eine halbe Stunde) sitzenden, jammernden Wartens in Wehen wurde ich sogleich in den Kreißsaal gebracht, weil man mir schlußendlich doch abkaufte, dass es Fröschlein eiliger hatte als gedacht.
Nichts also mit Apfelbäumchen schütteln und Pezzi-Ball Übungen, geschweige denn den tollen Geburtsstein in der eigens eingerichtete Wellness-Wehen(Paradox!!!)-Oase. Es ging gleich ans Eingemachte. In 3h 20min Rekordzeit hab ich alle drei Phasen der Geburt (für weitere Infos bitte frühere Posts zur Erklärung lesen) bravorös gemeistert. So sagte man mir zumindest, hab ja ab Kreißsaal - in schicker Eichen-Optik - nichts mehr mitbekommen außer SCHMEEEEEEEERZEN!!! Es haben ja schon viele versucht das Gefühl der Geburtsschmerzen zu beschreiben, nur tut es halt in Ohren und Hirn nie so weh, wie es wirklich weh tut. Es ist ein Gefühl als...würdest du in Slow-Motion fühlen, wie eine Bombe im Inneren deines Körpers und in sehr sensiblen Körperregionen explodiert und dich bald in tausend Stücke zerreißt...Oh, gerade kommt mir das Bild von Hulk, dem grünen supermuskulösen Monster/Helden...Zum Leidwesen der Hebamme und des Ehemannes entwickelt frau fast übermenschliche Kräfte, um diesem Schmerz endlich ein Ende zu setzen und dafür endlich ihr Baby in den Arm nehmen zu können. Okay, frau kann auch irgendwie nicht wirklich aus - die Natur ist hart zu einem.  Also frau fühlt sich nicht nur wie Hulk, sondern auch wie dessen Hose, die er während der Verwandlung von Mensch in den Hulk noch anhat...na? Vorstellbar? Hulk UND seine Hose also!
Nach der Verwandlung...ähm...den Presswehen steht dann noch eine Metamorphose an. Vom grimmig, aggressiv monströsen, schreienden Hulk in...ein glubschäugiges, dahinschmachtendes, vor Liebe und Güte überflutetes, engelsgleiches Wesen, welchem eine Miniatur ihresgleichen auf den Bauch gelegt wird, dass voll Hingabe und Ehrfurcht geherzt und beobachtet wird. Das Schauspiel wechselt von Blutschlacht voller Geschrei und Schmerz in den harmonischen, samtweichen, pastellfarbenen, mit Debussy's Claire de Lune hinterlegten, vor Wolkenkulissen gespielten zweiten Akt des Bondings - dem sich Verlieben von Mama und Baby, dem sich ganz neu Verlieben in den Vater des Wertvollsten, Schönsten und Kostbarsten auf Erden, deinem eigenen Fleisch und Blut.
Ja, und da lässt sich auch verstehen, wieso bei mir von "Traumgeburt" gesprochen wurde.
Wenn in Büchern von dem idealen Geburts- und Bindungserlebnis geschrieben wird, dann habe ich es erleben dürfen. Die Geburt war eine schmerzvolle Grenzerfahrung, in der mir in meiner Angst und meiner Hilflosigkeit schon mal ein lebensmüder Ausspruch zu meinem Mann ausgerutscht ist, doch sie war keine Trauma. "Mutter und Kind sind wohl auf" war bei uns nicht nur eine Floskel, sondern wir hatten unseren Moment, er war unbeschreiblich.
Über Zwei Stunden lagen wir so da und verliebten uns ineinander. Gegen 2 Uhr nachts hatte ich die Gelegenheit mit meiner fantastischen Hebamme doch noch den krankenhauseigenen Wellnessbereich zu nutzen, während ich von dieser wie in einem Hamam auf einem warmen Stein liegend geduscht wurde!!
Wir hatten das Glück oder ich möchte viel eher sagen den Segen, dass kein Bett in den Zweibettzimmern der Geburtenstation frei war, sodass wir die Nacht im Kreißsaal verbringen durften und die einmalige Gelegenheit hatten, unsere erste Nacht als Familie gemeinsam auf einer ausziehbaren Couch verbringen zu dürfen. Da lagen wir geflasht und überglücklich mit einem in Deckchen und Windeln gepucktes Bündel Glückseligkeit in unserer Mitte...
So gesehen war es wirklich eine Traumgeburt. Wir sind so dankbar und gesegnet, dass alles so gut verlief. Mir tut es im Herzen leid, wenn Mütter von traumatischen Geburtserlebnissen erzählen, denen aufgrund medizinscher Notwendigkeit DER Moment verwehrt blieb.
Der Rest des Krankenhausaufenthaltes verlief genauso harmonisch und reibungslos durch die liebevolle und engagierte Betreuung durch das Pflegepersonal und die Hingabe meines Mannes, der jeden Tag früh morgens zu mir fuhr und uns erst spät abends wieder schweren Herzens verließ.
Mein Mann bekundete mehrmals täglich im Liebestaumel eine Dankeshymne an unser Leben und ließ mich damit auch sehen und verstehen, wie wundervoll und perfekt alles von statten ging.

Eine Traumgeburt also!

Achja, aber eines hätte ich ja schon gerne, wenn schon das Sponsering von Red Bull ausbleibt - ein paar Geschenke nur für Mama Miriam (und ich meine damit keine Schokolade!!! Wir wollen ja wieder an Gewicht verlieren), denn mir wäre schon vorgekommen, dass, so wunderbar und großartig unser Würmchen auch ist, ich doch einiges an Arbeit dafür geleistet hab...Wieder kommen mir diese doofen (nicht persönlich gemeint) Sportler in den Sinn - die bekommen Urkunden, Medaillen, Kohle, Einträge ins Guinessbuch der Rekorde und haufenweise Schlagzeilen und Ehrungen, wenn sie Grenzerfahrungen machen. Und was bekommen wir Mamas? Natürlich außer dem unendlichen Glück eines Kindes - 15 Strampler, Bodies, Hosen und Schühchen, vielleicht mal nen Blumenstrauß...aber wo sind die Schlagzeilen, Lobhudelungen und die Moneten? Wo die Geschenke für Mama? Sie war doch auch ganz, ganz nah an der Schwelle zwischen Schmerz, Wahnsinn und dem Himmel auf Erden...

6. Februar 2015

Geworden...

Mama. Mein neuer Zweitname.

Wenn Jules Verne von einer Reise um die Welt in 80 Tagen schreibt, kann ich - und jede andere Mama - von einer Reise in eine neue Welt in nur wenigen Minuten berichten.
Ich habe sie gemacht, die Reise, die nicht nur Reise, sondern Metamorphose bedeutet. Ich habe geboren - und das veränderte mich, meinen Mann, unsere Ehe, mein Leben - einfach ALLES.
Innerhalb der letzten zwei Wochen wurde unser gemütlicher Fernsehsessel zum Stillstuhl, Melkstation, wie ich es liebevoll nenne, der Fernseher, sowie unsere beiden Katzen zur Dekoration, "Stilltee" und "Busen" zu Alltagsworten, die Induktionsherdplatte zur Abstellfläche für sterilisierte Babygebrauchsgegenstände, mein Körper zur Saftbar und mein Mann zu Aushilfsreinigungskraft und Papa. Und Grund für das alles ist er - unser Sohn. Ein dauernuckelndes, kleines Bündel Mensch, ein Wunder mit klitzekleinen Ohren mit haarigem Flaum drauf und den schönsten tiefdunklen Augen, in die man versinken möchte. Sein geschwungener kleiner Mund und seine rosigen Wangen verlangen danach geküsst zu werden. Alles an ihm lässt mich jetzt schon voller Wehmut weinend an einen Tag denken, an dem ich dieses unglaubliche Geschöpf gehen lassen muss und ich als Mama in den Hintergrund gerate.

Ich habe einen Sohn geboren - wir (mein Mann hat erheblich dazu beigetragen) haben einen Sohn zur Welt gebracht und das hat mich, uns, verändert.
Er ist nun mein kleines Universum, die Sonne, um die sich mein Alltag dreht.
Ich hatte ein 3h20 Traum-Geburt. Alles ganz so wie es sein soll. Alles perfekt. Und nein, ich habe es nicht vergessen, die Schmerzen, die mich glauben ließen, dass ich es nicht überlebe. Ich habe sie auch deshalb nicht vergessen, weil ein Rest an Schmerzen für einige Zeit bleibt, nur dass ich keine Zeit habe, mich damit zu beschäftigen und um mich darum zu kümmern...
Ich habe es ebenso wenig vergessen, wie er ist, der Moment des größten Schmerzes und in der nächsten Sekunde, die alles verändert, der Moment des größten, allergrößten Glückes.
Es ist überwältigend, großartig, übernatürlich, magisch, heilig. Wie auch immer man es nennen mag - es ließ uns ehrfürchtig werden.
In einem Moment ist man schwanger und im nächsten hält man sein eigen Fleisch und Blut in den Armen. Ein kleines, rosiges, wunderschönes, nacktes Wesen wurde mir auf meinen Bauch gelegt und meine Welt war auf einmal Er - mein Kind. Ich habe mich verliebt in einer Weise, die sich nicht beschreiben lässt.

Ich liebe meinen Mann mehr denn je, er hat mir dieses Wunder geschenkt.
Dieses Wunder, dessen Weinen und Schreien mich täglich aus Erbarmen, Mitleid in einer bisher noch nie gefühlten Dimension, Verzweiflung und auch Ärger selber zum Weinen bringt. Dieses Wunder, von dem ich keine Minute getrennt sein will, aber manchmal muss, um kurz Kraft zu tanken. Dieses Wunder, dessen Gesicht mich vor Entzückung zum Schmelzen bringt und ich tausende Küsse darauf verschwenden möchte. Alles an ihm ist perfekt, jeder winzige Finger, jede winzige Zehe, jedes seiner dunklen Haare. Er ist das schönste, perfekteste und reinste Wesen, dass ich je gesehen habe.
DAS empfindet also eine Mama. DAS also macht den Unterschied. DAS also ist es, wovon man soviel lesen kann, wie man will, es aber selbst erleben muss, um es zu verstehen.
Nun begebe ich mich in diese neue Welt. Wenn ich E. ansehe, kann ich gar nicht glauben, dass es jemals eine Welt ohne ihn gab. Und trotzdem habe ich ein bisschen Angst vor dieser neuen Welt...ich muss mich erst an sie gewöhnen, sie erkunden, mich einleben, die schönsten Fleckchen und Plätze herausfinden.
Jetzt aber, muss sich mein Körper noch an das Klima gewöhnen, die neue Sprache und die Kultur verstehen lernen ... doch ich weiß jetzt schon: Ich bin hier richtig!

E., du und dein Papa, seid die Liebe meines Lebens und ich will mit euch in unsere neue Welt reisen und weiche dabei nicht mehr von eurer Seite!

"May these words be the first to find your ears.
The world is brighter than the sun now that you’re here.
Though your eyes will need some time to adjust to the overwhelming light surrounding us,

I’ll give you everything I have. I’ll teach you everything I know. I promise I’ll do better.
I will always hold you close, But I will learn to let you go. I promise I’ll do better.
I will soften every edge, I’ll hold the world to its best, And I’ll do better.
With every heartbeat I have left I will defend your every breath, And I’ll do better 

’Сause you are loved. You are loved more than you know.
I hereby pledge all of my days to prove it so.
Though your heart is far too young to realize the unimaginable light you hold inside."
(Light - Sleeping at last)

20. Januar 2015

Abwarten und Gugelhupf essen...

Eigentlich ist es ja ein Privileg, ein paar wenige Tage noch so genießen zu dürfen: Zwei äußerst süße und anschmiegsame Katzen auf meinem Schoß, ein tanzendes Baby im Bauch und der Laptop irgendwo dazwischen. Eigentlich echt idyllisch...und zeitlich sehr begrenzt. Laut Berechnung wäre es übermorgen soweit. Übermorgen, klingt surreal, wenn man bedenkt, dass sich ab diesem Tag alles, aber auch alles ändern wird. Und trotz der Idylle und Ruhe vor dem Sturm, bin ich nicht mehr ganz so locker vom Hocker. Ich werde ungeduldig, mein Mann auch. Gestern habe ich meinem Mann folgendes Lied vorgesungen: "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Baby eingestellt. Das ist meine Welt - und sonst gar nichts". Und genau das macht mich nervös. Ich habe einen Schlabberpulli meines Mannes und eine geliehene Umstands-Jogging-Hose (meine, wohlgemerkt auch bereits geliehene, vorherige hat auch bereits den Geist aufgegeben) gegen "normale" Übergrößen-Kleidung getauscht, gehe nicht mal mehr wirklich gerne raus zum Einkaufen und nach dem Kochen muss ich mich schlafen legen. Ja, es ist alles recht mühsam - und für alle, die jetzt ein "was machst du, wenn du daneben noch ein Kind hast???" auf den Lippen haben - ja, ich weiß, ihr alle seid Heldinnen! Ich gönne mir den Luxus einfach das zu tun, was meine Kraft hergibt, weil ich ja sonst eben noch keine Verpflichtungen habe. Später muss ich mich dann sowieso anders arrangieren.
Meinem Bauchbewohner macht die zunehmende Enge wohl kaum etwas aus, denn er bewegt sich munter weiter. Nur, dass sich das nicht mehr wie ein Fischlein, sondern eher wie ein ausgewachsener Karpfen in mir anfühlt.
Ich kann mir kaum vorstellen, dass es etwas Spannenderes gibt als diese Zeit davor. Alle aufregenden Dingen haben ein festgelegtes Datum - Prüfungen, Arzttermine, Hochzeit, Operationen, etc. Aber dieses Ereignis ist so unvorhersehbar (bis zu dem Augenblick, an dem sie einleiten, versteht sich) und das pusht die Spannung enorm.
Ich bin jetzt auch nicht der Typ, der mit aller Gewalt versucht, Wehen auszulösen. Der Gedanke daran ist mir irgendwie zuwider, ich vertrau da schon irgendwie auf das Baby und meinen Körper.
Naja, es gibt da schon das ein oder andere Ammenmärchen, dem wehenfördernde Funktionen zugeschrieben werden, die ich gerne anwende...aber das hat nur mit Genuss, Tee und Liebe zu tun ;)
Aber das Warten, so schön und spannend diese ruhige Zeit auch ist, ist eben irgendwie nervenaufreibend.  Die täglichen (!!!) Fragen mit Wortlaut "na, noch immer ganz?" oder "tut sich schon was?" stören mich nicht allzuviel, schüren aber die Ungeduld in mir noch weiter.
Kürzlich wurde ich gefragt, ob denn mit dem dicken Bauch noch etwas in meinem Magen Platz hätte. Die Frage kam vermutlich aufgrund meines vollgeladenen Buffet-Tellers auf. Ich muss sagen, damit hatte ich nie Probleme. Im Essen bin ich, zum Leidwesen meiner Figur, spitze, 1 A, möchte ich fast sagen, aber ich will ja nicht prahlen...
Ich hab mir ja die besten Schwangeren-Eigenarten für die letzten paar Wochen aufgehoben. Und die Neueste sind zwei spezielle Essensgelüste, die ich entwickelt habe. Naja, ich geb zu, dass mich Essiggurken und Schokolade (zeitlich getrennt voneinander) die gesamte Schwangerschaft begleitet haben. Aber diese beiden Essensgelüste sind vielleicht doch etwas ungewöhnlich. Zum Einen, und ich hab's nachgelesen, das kommt durchaus vor - hätte ich immer wieder Lust an Steinen oder an der Wand zu knabbern...ja, richtig gehört. Auch der Geruch von Lösungsmitteln, Treibstoff oder ähnlichem sind besonders attraktiv. Keine Sorge, psychotherapeutische Hilfe und ein Gutachten über meine psychische Gesundheit und Tauglichkeit als Mama sind nicht nötig. Ich geb mich diesen Gelüsten ja nicht hin. Es würde mich ja nur reizen, mich eine Stunde zu einer Tankstelle zu setzen und an einem Stück bröckeligen Stein zu knabbern - aber ich tu's ja nicht. Übrigens ist es das gar nicht so ungewöhnlich - in Afrika ist es ein regelrechtes Problem, weil schwangere Frauen dort begonnen haben an Steinen zu knabbern und diese so richtig gangstermäßig im Drogendealer Stil verticken. Ich habe mal versucht die Gelüste durch diverse Nahrungsmittel, die viel Kalzium, Eisen und sonstig ähnlich erdig schmeckende Dinge zu befriedigen - brachte nicht viel...ein Stückchen Mauer hätte mich immer noch mehr angemacht. Klingt komisch? Ist aber so.
Einer anderer Vorliebe habe ich mich aber hemmungslos hingegeben - dem Gugelhupf. Eines Tages tauchte er auf - der "Gusta" nach Mama's bzw. Oma's Gugelhupf. Aus dem Nichts trat er ans Licht. Und ich so verzweifelt, dass ich nachdem ich meine Oma fragen wollte, ob sie denn mal wieder einen machen könnte, diese aber leider krank war, meine Mama bat, einen für mich zu backen. Und dann war es um mich geschehen! Er musste nachgeliefert werden - regelmäßig. Dank Geburtstag und einer Feier in meiner Kirchengemeinde riss die Gugelhupf-Versorgung für ca. 10 Tage nicht ab. Doch heute war es soweit - er ist aus. Aus und vorbei, kein Gugelhupf mehr da. Ich ahne Schlimmes. Das Baby MUSS einfach baldmöglichst kommen! Wie soll ich das denn überstehen so ganz ohne ein leckeres Steinchen und OHNE Gugelhupf? Was mach ich denn nun, wenn ich nicht mal mehr abwarten und Gugelhupf essen kann???

Ach ja, an meinem Blog schreiben...

P.s.: Hat jemand ein Steinchen für mich? Ein ganz kleines, leckeres? Was soll das heißen  "du spinnst ja!"? Da kann man schon den Kopf schütteln - Schwangere sind halt eben anders...


12. Januar 2015

Geburtstags-Post...

Jaja, ich bin's schon wieder...und nein, das Baby hat seinen all-inclusive, all-you-can-eat Club in meinem Bauch noch nicht verlassen. Aber ich hab's mir auch offen gehalten, ob ich mich noch mal davor melde. Also hier bin ich. Wenige Tage davor. Wovor? Wie der Titel des Posts verrät, geht es hier um Geburtstag. Und dieses Jahr ist das eine ganz spannende Sache. Einerseits habe ich diese Woche meinen 28. Geburtstag. Andererseits hat in den kommenden Tagen oder Wochen (je nachdem, wieviel ihm der Aufschlag auf Verlängerung im Club kostet) mein Baby seinen wirklichen Geburtstag, nicht nur so eine alljährliche Wiederholung. Und drittens hatte ein weiteres, gedankliches Baby von mir letzte Woche Geburtstag.

 

Anlässlich meines eigenen Geburtstags

"Liebe Miriam, dein Geburtstag fällt heuer wegen vorhersehbaren Gründen aus. Trotzdem alles Gute! Liebe Grüße, Miriam"

Aufgrund meiner momentanen Wartehaltung und meiner gemäßigten Energie durch die Erhaltung eines all-inclusive Clubs in meinem Bauch, lasse ich meinen Geburtstag dieses Jahr schlicht und ergreifend ausfallen. Ok, ich geb's zu, ich lass eine große Feier, bei der Gäste geladen und bedient werden ausfallen. Gäste, die spontan mit für sich selbst und für mich mitgebrachten Kuchen und Geschenken vorbei kommen wollen, sind herzlich eingeladen. Das Einschalten der Kaffeemaschine bekomm' ich hin. Aber sich zu weigern eine große Familienfeier, inklusive drei bis fünf selbstgebackener Kuchen, einem Erwachsenentisch und einem Kindertisch und Abendessen auszurichten, kommt in meinen feierwütigen Kreisen einem Ausfall des Geburtstags und gleichzeitig einem Verstoß gegen gängige soziale Familienkonventionen gleich. Meine Schilderung enthält natürlich die ein oder andere Überzeichnung - meine Familie nahm's im Grunde ganz locker, wenn auch etwas verwundert. Aber das Verständnis war dann doch beim Walfisch.

 

Anlässlich des Geburtstags meines Babys

"Liebes Baby, es wäre schön, wenn du zu deinem Geburtstag pünktlich erscheinen würdest, musst du aber nicht. Guten Rutsch, wir packen das und ich hab dich lieb! In Liebe, Mama"

Heute sind es zehn Tage bis zum errechneten Geburtstermin, an welchen sich diese unverschämten, kleinen Lebewesen ja meist gar nicht pünktlich halten wollen...das grenzt ja schon fast an Anarchie, wenn sie sich so selbsbewusst gegen jede Planung stellen. Wir werden sehen. So lange es ihm gefällt und Mama trotz fehlendem Schlaf (sie soll ja auch vorbereitet werden, auf das was kommt) die positive Einstellung nicht verliert, ist es doch auch völlig okay. Soll er doch seinen Aufenthalt vollends auskosten dürfen, er hat ja dann den Rest seines Lebens "außerhalb" zu verbringen.

 

Anlässlich des Geburtstag meines gedanklichen Babys

"Es freut mich dir, liebes Projekt, lieber Verein, zu deinem Geburtstag gratulieren zu können. Jetzt geht's erst richtig los! Alles Gute auf deinem weiteren Weg. Mit freundlichen Grüßen, Miriam"

Seit vielen Jahren arbeite ich daran, ein Projekt vorzubereiten, dass junge Männer und Frauen in ihren Aufgaben als Eltern und somit ihre ganze Familie unterstützen soll. Besonders wichtig ist mir dabei, dass Eltern bewusst wird, wie wichtig ein liebevoller und feinfühliger Umgang mit Babys und Kleinstkindern ist und welchen Einfluss eine positive, wie auch negative Bindung auf das Leben eines Menschen haben kann. Gleichzeitig können Eltern nur soviel Liebe und Feinfühligkeit geben, wie ihnen selbst entgegengebracht wird bzw. wurde. So ist mir die Ermutigung und Unterstützung von Mamas und Papas ein besonderes Anliegen. Ich habe mich im Zuge meiner Ausbildung viel mit diesen Themen beschäftigt, doch jetzt kommt für mich der große Praxisteil - meine eigenen Kinder. Ich habe hohe Ansprüche an mich selbst, wenn ich auch realistisch bleiben will, dass bei weitem nicht alles so geschehen wird, wie ich mir das wünschen würde. Ich finde aber, ein Kind liebevoll zu erziehen, ihm Werte und soziale Kompetenzen mitzugeben und sein eigenes Verhalten als Mama immer wieder kritisch zu hinterfragen, ist Aufgabe genug. Aus meiner Idee ein Projekt zur Unterstützung von jungen Eltern zu starten, wurde letztes Jahr ein Verein mit dem Namen Weidenkorb - Ein Verein zur Förderung und Stärkung einer positiven Eltern-Kind-Bindung. Die Gründung des Vereins, die ich ohne die Hilfe meines äußerst interessierten und engagierten Mannes nie geschafft hätte, war ein Meilenstein in meinem Leben und kam einer Geburt - einer gedanklichen - gleich. Mit Anfang dieses Jahres beginnt das erste Projekt des Vereins. Wir haben eine Kleiderkammer eingerichtet, Tauschecke "Kinderkram", in der Baby-, Kinder- und Schwangerenartikel gespendet, getauscht und zur Wiederverwertung geholt werden können. Wir wollen damit Familien finanzielle entlasten und andererseits Nachhaltigkeit fördern. Jeder Schritt, der mit diesem Projekt zu gewagt wird erfüllt mich mit Stolz. So wurde ein Lagerraum mit Büro eingerichtet, welcher jetzt mit Sachspenden befüllt werden kann. Eine Facebook-Seite, eine Homepage, Logo und Info-Flyer sind in Arbeit. Ich bin überwältigt, wieviel Anklang dieses Projekt bis jetzt überall dort findet, wo wir Werbung machen. Das Projekt weckt Interesse und Engagement bei vielen Familien, die es ebenfalls gut und notwendig finden, die Wegwerfgesellschaft nicht immer mehr zu fördern.
Die Schwangerschaft für meinen Verein, den ich mit vier anderen mir sehr lieben Menschen zusammen leiten darf, hat wesentlich länger gedauert als die für mein Baby. Aber nun ist es soweit und wir können los starten und ihm beim Wachsen und Entwickeln zusehen und dabei selber ganz viel lernen.

Happy Birthday!