Alles hat seine Zeit...Sein und Werden

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist: Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden. (Prediger 3, 1 - 8, die Bibel)

3. Dezember 2014

Storchenparty

Klingt komisch, heißt aber so. Da muss ich doch nicht einmal einen anderen Titel erfinden.

Eine Storchenparty ist eine unserer neuesten Erfahrungen als werdende Eltern, die wir gestern Abend genießen durften. Es handelt sich dabei um eine Informationsveranstaltung des Geburtskrankenhauses unserer Wahl, bei dem Vorträge von Ärzten über diverse Geburtsthemen, sowie ein anschließendes Gratis-Buffet und eine Führung durch die Kreissäle angeboten wird.
Ja, ich geb's zu das Gratis-Buffet war der ausschlaggebende Grund für uns dahin zu fahren, aber irgendwie gehört sich das ja auch für eine Erstgebärende, dass sie sich gründlich mit dem Ort der Geburt, in meinem Fall, das Krankenhaus, auseinandersetzt - so steht das zumindest in meinen des öfteren zitierten blassrosa-gelben-blauen Schwangerschaftsbüchern. Da bekommt frau ja schon fast ein schlechtes Gewissen, wenn sie diesem Aufruf nicht Folge leistet und die heiligen Geburtshallen, in denen einem soviel angenehme Atmosphäre geboten wird (Paradoxon: Höllenschmerzen - angenehme Atmosphäre???), nicht vorher besichtigt.

Also da waren wir...zumindest in der Nähe des Veranstaltungsortes. Einige überdimensionierte, hölzerne Storchen ließen vermuten, dass die Party in Richtung ihrer Schnäbel von Statten ging. Ein noch viel besseres Indiz war der anrollende Zug von schwangeren Menschenmassen, inklusive ihrer Gefolgschaft. Und darunter ebenso passend - Mein Mann und Ich. Ja, hier war mein dicker Bauch mal nichts Besonderes - hier war er Eintrittskarte. Wir kamen in einen Vortragsraum, indem sich bereits ca. 150 Leute befanden. Mit Beginn des Abends waren es dann um die 200 Leute, das heißt mindestens 100 davon waren schwanger. Was wiederum bedeutet, dass sich mindestens 300 Leute in diesem Raum befanden. Im Eingangsbereich wurde einem eine Tüte mit Pröbchen und eine rosa Mutter-Kind-Box in die Hand gedrückt...juhuuuuu, Geschenke!!! Diese Geschenke haben es in sich, Propaganda-Material quasi, dass uns hormongesteuerten, sowieso-schon-Geschenke-geilen Moms to be und deren bald schlüpfenden Sprösslingen auf die Konsumgesellschaft vorbereiten soll und will. Dann kuschelt mein Baby mit Beba-Bären, gewärmt von Hipp-Söcken und auf ein Bipa-Lätzchen spuckend, während es aus einem Tupperbecher trinkt...So läuft das...aber hey, ich nehm alles was ich kriegen kann, ich will da ja nicht kleinlich sein.

Beschenkt vom Hebammenteam und ein Werbezuckerl im Mund suchten wir uns ein Plätzchen und ließen die Menge an schwangeren Menschen auf uns wirken. So schön dieser Babyboom ja auch ist, der in unserer Gegend gerade vor sich zu gehen scheint, aber es hinterlässt ein etwas mulmiges Gefühl. So entwickelten sich in mir Horrorszenarien, in denen ich der Herbergssuche gleich keinen Platz finde, um mein Kind auf die Welt zu bringen. Ich denke da an eine Vollmondnacht im Jänner, indem aaaaalle Jännerkinder raus wollen, so auch meins - nur ist keiner der Kreissäle für uns frei in unserem Wunschkrankenhaus. Gruselige Vorstellung. Wo bekomme ich dann nur mein Baby? Kino im Mehrbettzimmer? Auf dem Gang? Naja, mein Mann versuchte mich durch folgende statistische Darlegung zu beruhigen: Bei 5 Storchenpartys im Jahr, kommen die PatientInnen von 10 Wochen zusammen. Bei 300 TeilnehmerInnen gebären dann im Durchschnitt 4 pro Tag. Das geht sich aus. Die Korrektheit dieser Rechnung bezweifel ich stark, schon aus Gründen der fehlenden Informationen über Geburtstermine der Anwesenheit, sowie der Unvorhersehbarkeit von Geburten, aber es hörte sich irgendwie beruhigend an.
Geleitet wurde der Abend vom Primar der gynäkologischen Abteilung, der in (fast ein bisschen zu) einfacher, aber geradezu amikaler (Zitat Ehemann) Sprache einleitete. Ich muss zugeben, dass das Meiste schon aus dem Geburtsvorbereitungskurs bekannt war (Geburtsstellungen, Anästhesie, Stillen) und es deswegen jetzt nicht unbedingt den großen AHA-Effekt in mir bewirkte. Die Reaktionen meines Mannes waren mir aber dann doch etwas zu uninteressiert, sodass ich schwer damit beschäftigt war diesem mit meinen Ellenbogen Kicks in die Seite zu geben und grimmig zu schauen. Nachdem er sich in sein Memo-App am Handy folgende Notizen machte: "blabla...PDA...blabla...Dammriss...blabla...schnarch..." und der Veranstaltung den klingenden Namen "Schnoachnparty" (Mundart) verpasste, waren die Vorträge auch schon wieder vorbei und den Abschluss machte ein Normalo-Papa mit stark bayrischem Akzent, der von seiner Erfahrung sprach, wie er das erste Mal Papa wurde. War ein gelungener Abschluss, er erntete ein paar mitfühlende Lacher für seine Schilderungen und der/die eine oder andere, so auch ich, verdrückten sich ein Tränchen der Rührung.

Die Rechnung der anwesenden Schwangeren und der Kreissäle war in diesem Moment dann aber völlig in den Hintergrund getreten, weil nun der ersehnte Teil des Gratis-Buffet folgen sollte und sich das doch nieeeemals ausgehen konnte. Und die Schlacht war hart, unerbittlich, weil schwanger und die Ausbeute mager, doch lecker.
Das wichtigste und groß angekündigte To-Do für werdende Mütter - das Vertrautwerden mit den Kreissälen - fiel aufgrund von stattfindenden Geburten aus...schade eigentlich, so live und in Action wärs fast noch spannender gewesen. Aber, okay, ist vielleicht etwas distanzlos für die Gebärende und zu deromantisierend für die noch Dickbäuchigen, wenn man da so in Gruppen von 20 reinplatzt, das muss man schon verstehen.
Wir standen noch eine Weile etwas verloren mit unseren Minifrühlingsrollen und dem Kartoffelsalat da, bis wir aufgrund mangelnder Bekanntschaften unter den Anwesenden und der klaustrophobischen Tendzenzen meines Mannes nach Hause fuhren.

Zuhause begutachtete ich meine Gratisproben, entfernte, wenn möglich die Werbenamen und freute mich über Einkaufscoupons von IKEA und meine Gesamtausbeute des Abends.

Das war sie, die Storchenparty - Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, keine Frage!

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