Alles hat seine Zeit...Sein und Werden

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist: Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden. (Prediger 3, 1 - 8, die Bibel)

23. Dezember 2014

Zur heil`gen Krippe auf dem Wickeltisch...

Weihnachten geht dieses Jahr irgendwie so an mir vorbei, in Anbetracht der Tatsache der sich nahenden Geburt unseres Erstgeborenen.
Dabei haben diese Maria und ich doch soviel gemeinsam im Moment. Abgesehen vom Namen, der ja der gleiche, nur in unterschiedlichen Sprachen ist, sind wir in sehr ähnlich trächtig, angespannter Erwartung.
Jetzt ist es für jemanden, der, so wie ich, ein Kind in sich trägt, sich monatelang auf den neuen Erdenbürger vorbereitet, schon ein unglaubliches Ereignis. Wäre es nicht zum Einen das "Normalste auf der Welt", könnten die Wandlung von Wasser in Wein und die wundersame Brotvermehrung eigentlich heimgehen, angesichts des Wunders, der Menschwerdung von zwei sich ergänzenden Zellen. Wie traurig, dass wir, weil so eine Zeugung und so eine Geburt doch so alltäglich, ja eigentlich allsekündlich stattfindet, sie so sehr bagatellisiert haben, dass man damit eigentlich alles machen kann...aufhalten, unterbrechen, wegmachen.
Wie muss es Maria wohl gegangen sein, die nicht nur das Wunder des Werdens miterlebt hat, sondern es sich dabei auch noch um die Menschwerdung von Gottes Sohn höchstpersönlich handelte? Und auf einmal klingt das "Menschwerden" sofort wieder fromm. Dabei ist es gar nicht so fromm, heilig schon, aber nicht fromm. Als Jesus durch eine (ganz normale) Frau geboren wurde und eine ganz normale Kindheit, Pubertät und einfach ein für damalige Verhältnisse relativ normales Menschenleben lebte, da war er eben alles andere als fromm und distanziert. Mit Jesus küsste Gott die Menschheit und überreichte ihr das grandioseste Geschenk, sein Alles, sein Liebstes. Und er wusste und auch Jesus wusste, dass er eines Tages abgeschlachtet werden würde. Und wofür das Ganze? Das wissen wir ganz genau. Wir Menschen sind nicht so gut und toll, wie wir immer tun und uns einreden wollen. Sünde existiert und man muss sich dabei nicht gutreden, indem man sich der Unschuld in der Causa Mord, Verbrechen oder ähnlich Offensichtlich brüstet. Wir tendieren dazu uns, unsere Familien, unsere Gesellschaft unsere Welt selbst zu zerstören. Wir hassen nicht unbedingt, aber wir lieben auch nicht jeden. Wir tun was das Ego begehrt, auch wenn dabei andere auf der Strecke bleiben. Wir bereichern uns. Wir drehen uns um uns. Und während ich das schreibe, habe ich nicht mal einen Kieselstein in der Hand, denn ich versuche mich nicht mehr gut zu reden.
Das große ABER, warum mich die ganze Geschichte mit so Begriffen wie Glauben und Sünde und Jesus und wasweißich nicht total aus der Fassung bringen und Empörung lostritt, ist, dass ich weiß, dass ich trotz alledem einfach geliebt bin. Und zwar nicht - und es ist ein großes Privileg, dass das so ist - von meinem Mann, meiner Familie, meinen Freunden. Sondern von einem mächtigen, heiligen Gott. Und will alles um mich herum einstürzen, so weiß ich trotzdem, dass ich geliebt werde. Und - ich glaub ihm das! Ganz einfach ist das, so einfach kann Glaube sein. Jesus, ein Mensch, wie du und ich (und ja, Jesus, war als Kind sicher auch nicht immer brav und er ist sicher schon gar nicht dickbäuchig mit Heiligenschein und Schwurhand auf Mamas Schoß gesessen) und gleichzeitig Gott - mächtig, heilig und die Liebe in Person.
Wir tun uns ja schwer damit, verschiedene Wesenszüge, die wir gerne wertend kategorisieren, nebeneinander zuzulassen. Begriffe wie Heiligkeit, Macht, usw. werden in ein verstaubtes, beklemmendes Tabernakel gesteckt, dass bei Bedarf, 1x im Jahr in der Kirche ausgepackt wird und danach wieder dort eingeschlossen werden sollte. Es wird nicht mit Liebe, Geduld, Sanftmut in Verbindung gebracht. Tja, Gott ist halt eher so out of the box. Da können wir ihn auch nicht into the box stecken - auch wenn das seit Jahrhunderten versucht wird. Diese Erfahrung muss jeder selbst mit diesem Gott, mit diesem Jesus, der so anders ist, als wir ihn einordnen wollen, machen.
Und wenn man dann die Erfahrung gemacht hat, dann ist das so, wie dem "bevor" man Kinder hat und dem "nachdem" man Kinder bekommen hat - man versteht, man ist verliebt, man ist verändert.
Dieses Weihnachten steht unsere Krippe auf dem Wickeltisch - wie passend die Metapher, denn genau darum wurde Jesus von Gott als Mensch zu uns geschickt. Wenn wir das wollen, wenn unser Herz danach schreit, dann wechselt er unsere vollgeschi***nen, stinkenden Windeln, streichelt uns zärtlich, lächelt uns an und pflegt uns mit Balsam...

In diesem Sinne wünsche ich euch das Erlebnis von Jesus die volle Windel gewechselt zu bekommen.
Mit Vanillekipferl im Bauch, Wasser in den Beinen und Freude im Herzen wünsche ich euch ein gesegnetes Weihnachtsfest!


Hörprobe: Oh holy night - Daniel & Miriam Fankhauser

17. Dezember 2014

Walfisch-Wellness und Torschlusspanik

Aus dem Alltag einer Hochschwangeren:

Aufgrund von undefinierbaren Schmerzen in Bauch, Rücken und Beinen erhebe ich mich nicht mehr ganz so anmutig aus unserer sehr weichen Couchliege. Dies funktioniert mehr oder weniger nur, indem ich mich in Zeitraffer mehrerer akrobatischen Wendungen bediene. Ich drehe mich einnmal seitlich, danach begebe ich mich in angedeuteten Vierfüßlerstand, um daraufhin ein Bein nach dem anderen auf den Boden zu setzen, meinen Körper in die aufrechte Position zu bringen, ohne aufgrund des Gewichts des Bauches wiederum nach vorne zu kippen. Habe ich mich einmal stabilisiert und meine Wirbelsäule hat sich auf Gewicht und Position eingegrooved, schreite ich engelsgleich dahin (meist zur Toilette). Die Reaktion, die ich auf solche Aktionen von meinem lieben, mitfühlenden Ehemann, der seit 8 Jahren trotz verschobenen Verhältnis von Nahrungsaufnahme zu Nahrungsverbrennung (zuerst Bauernkind - jetzt Bürosesselfurzer) das gleiche Gewicht hat, ist dann meist folgende: "Ohhh, du bist so...schwanger!"
Auch wenn mir "Oh, du bist so...bewundernswert, weil du deinen Körper dahingibst, um MEINEN Erstgeborenen auszutragen. Du, meine Heldin, ich verdanke dir mein Fleisch und Blut und dafür ehre ich dich" lieber wären, trifft sein Ausspruch doch sehr die gegenwärtige Situation.
Auch mein Vergleich, mich wie ein gestrandeter Walfisch zu fühlen. Naja, der Vergleich hinkt evt. in Anbetracht der Tragik, die diese Tieren ereilt. Sagen wir ein lustiger gestrandeter Wal in einer guten Welt, der sich nur kurz an Land verirrt hat und dann selbstständig wieder ins Wasser gleitet und in die Freiheit taucht...

Torschlusspanik 

Dass ich mich in einer Zeit des total Umbruchs befinde, habe ich inzwischen schon das ein oder andere mal erwähnt. Es ist damit verbunden, dass ich das Gefühl habe, dass die Geburt meines Babys Tag X ist und danach von meinem bisherigen Leben und meiner Identität, meinen Interessen, meinen Hobbies und überhaupt alles was mich ausmacht, nichts, aber auch gar nichts mehr übrigbleibt. So als wäre ich ein Geheimagent, der mit diesem Tag X ein neues Aussehen, einen neuen Reisepass, eine neue Identität bekäme, auf einen anderen Kontinent auswandern müsste und dort komplett von vorne anfangen müsste. Neue Sprache, neue Kultur, neues Leben. Alles was mich ausmacht, liegt hinter mir und ich darf nicht mehr darauf zurückgreifen. In mein Leben übersetzt - nieeeee mehr Zweisamkeit, keine Zeit für Hobbies, Musik, Freunde und Geselligkeit. Nie mehr Urlaub, nie mehr Entspannung, nie mehr arbeiten, nie mehr irgendwas machen, was mir so richtig Spaß macht...Ja so in etwa fühlt sich das bei jemanden an, der in Umbruchsphasen vielleicht ein wenig überreagiert, die Drohungen von frustrierten Eltern zu ernst nimmt und überhaupt die totale Torschlusspanik schiebt.
Gott sei Dank, sagt mir mein Verstand, ruhig und deutlich, während meine Gefühle panisch quiekend im Kreis herumlaufen, dass es nicht ganz so tragisch wird, dass ich immer noch ich bin, wenn ich auch wirklich eine ganz neue Aufgabe bekomme, eine neue Sprache lerne und sich vieler meiner Lebensumstände ändern. Ich bleibe Ich.

Ab-und-weg

Aber einmal, da konnte sich mein panisches, im Kreis laufendes Gefühl mal kurz hinsetzen und verschnaufen, was gar nicht so leicht ist für die kleine Torschlusspanik, das hektische Ding. Im Bereich "Urlaub" und "ab-und-weg-Zeit" mit meinem Mann. Ich war dieses Jahr viele Male in (Kurz-)Urlauben. Ich habe mir einen Lebenstraum erfüllt und bin mit meinem Mann in die Karibik geflogen, habe dabei einen Abstecher in Paris gemacht und drei verschiedene Inseln bereist, ich war mit meinen engsten Freunden in Kroatien, in Holland bei Verwandten und vor einer Woche noch mal richtig schniek Wellnessen. Und wir haben es genossen, so wie es halt möglich ist für einen gestrandeten Walfisch im Bikini. Aber das Essen war fantastisch und das Herumgetütel der Hotelmitarbeiter auch. Schlafen war für mich nicht drin, dafür ein (womöglich) letztes Mal zu zweit im "adults-only-Bereich" mit Dach-Whirlpool und Panorama-Schaukelliegen. Es war toll! Man bekommt sehr viele mitleidig, entzückt und leicht erschreckte (aufgrund des Bauch-Bikini-Schwangerschaftsstreifen-Verhältnis) Blicke zugeworfen und auf Wunsch drei extra Gänge beim 5-gängigen Abendmenü. Ja, in diesem Bereich habe ich das Gefühl, das DAVOR wirklich gut für gemeinsame Reisen und Ausflüge genutzt zu haben. Das Tor kann sich ruhig (zumindest für eine Zeit) schließen und ich stehe winkend und lächelnd davor.

Meine DINKs

In anderen Bereichen läuft sie noch im Kreis, die Panik - ein unbelehrbares Gefühl.
Zum Beispiel beim Thema "Freunde". Wenn die Torschlusspanik an ihre geliebten (kinderlosen) Freunde und die ebenso geliebten gemütlichen Abenden mit ihnen denkt, dann schnappt sie sich die Angst, diese blöde Kuh, und hetzt sie auf und sie laufen gemeinsam panisch Hand in Hand im Kreis herum.
In meinem Freundeskreis, bestehend aus zwei verheirateten Paaren und drei Singles sind wir nun die ersten, die ein Kind bekommen. So wie die Hochzeiten von uns, ist auch dies wieder ein einschneidendes Erlebnis in der Freundschaftsdynamik. Na gut, es hat sich sowieso viel verändert, da jeder (mehr oder weniger fordender) Arbeit nachgeht, umgezogen ist und wir keine OC-California guckenden, in ewigen Sommerferien schwelgenden Jugendliche mehr sind. Emotionale, wie auch geografische Nähe und Distanz haben sich verändert, aber wenn wir uns sehen - so alle zwei bis drei Monate, dann fühlt es sich gut an - so, als müsste das so sein. Und mit dem gemeinsamen Urlaub, den wir dieses Jahr noch hatten, ging für mich ein langjähiger Wunsch in Erfüllung.
Wir haben in unserer kinderlosen Runde oft darüber geredet, wie sehr wir es doch noch genießen, in diesem Status als DINK (double income, no kids) zu verweilen...
Jetzt erleben wir - und es ist sehr gut so - einen Statuswechsel und ich hoffe und nehme mir fest vor, die beiden Welten meiner "Motherhood" und die der "Otherhood" punktuell zu verbinden. Ich brauche meine (kinderlosen) Freunde, ich brauche sie als "Tür zur Außenwelt", ich möchte mich nicht nur über wunde Popos, Kinderkrankheiten und Kinder-Entertainmment vs. Mama-Burnout unterhalten. Ich brauche meine DINKs um mich über die Arbeitswelt zu beklagen, mit ihnen Musik zu machen und über Filme, Musik, Gott und die Welt zu unterhalten. Vor diesem Tor, dass sich scheinbar vor mir schließt, stehe ich noch, während ich hektisch in meinem Kalender mögliche Termine für ein Treffen vor Tag X suche. Doch mein Verstand, in seiner ruhigen, kompetenten Art und Weise und meine beste Freundin beruhigen mich stetig. Beide behaupten es gäbe eine Hintertür. Eine Möglichkeit immer noch "rein" zu kommen, auch wenn sich das bisherige Haupttor geschlossen hat. Man darf sich diese Tür halt nicht verstellen, von beiden Seiten nicht. Der Platz vor der Tür muss doch immer sauber gehalten werden, damit die Tür auch aufgeht. Übrigens gibts diese Hintertüren in mehrfacher Ausgabe. Eine für Freunde, eine für Partnerschaft, eine für Hobbies. Die Stadt "Myra" ist jetzt nicht mehr nur durch ein großes Tor erreichbar, sondern man muss sich schon auf den Weg machen und planen, durch welche Tür man gehen will, man muss sie sich freihalten. Aber sie sind da, jederzeit.

"Na dann", sagte die Torschlusspanik zur Angst, "lass uns ein Weilchen hinsetzen und die Ruhe genießen".

3. Dezember 2014

Storchenparty

Klingt komisch, heißt aber so. Da muss ich doch nicht einmal einen anderen Titel erfinden.

Eine Storchenparty ist eine unserer neuesten Erfahrungen als werdende Eltern, die wir gestern Abend genießen durften. Es handelt sich dabei um eine Informationsveranstaltung des Geburtskrankenhauses unserer Wahl, bei dem Vorträge von Ärzten über diverse Geburtsthemen, sowie ein anschließendes Gratis-Buffet und eine Führung durch die Kreissäle angeboten wird.
Ja, ich geb's zu das Gratis-Buffet war der ausschlaggebende Grund für uns dahin zu fahren, aber irgendwie gehört sich das ja auch für eine Erstgebärende, dass sie sich gründlich mit dem Ort der Geburt, in meinem Fall, das Krankenhaus, auseinandersetzt - so steht das zumindest in meinen des öfteren zitierten blassrosa-gelben-blauen Schwangerschaftsbüchern. Da bekommt frau ja schon fast ein schlechtes Gewissen, wenn sie diesem Aufruf nicht Folge leistet und die heiligen Geburtshallen, in denen einem soviel angenehme Atmosphäre geboten wird (Paradoxon: Höllenschmerzen - angenehme Atmosphäre???), nicht vorher besichtigt.

Also da waren wir...zumindest in der Nähe des Veranstaltungsortes. Einige überdimensionierte, hölzerne Storchen ließen vermuten, dass die Party in Richtung ihrer Schnäbel von Statten ging. Ein noch viel besseres Indiz war der anrollende Zug von schwangeren Menschenmassen, inklusive ihrer Gefolgschaft. Und darunter ebenso passend - Mein Mann und Ich. Ja, hier war mein dicker Bauch mal nichts Besonderes - hier war er Eintrittskarte. Wir kamen in einen Vortragsraum, indem sich bereits ca. 150 Leute befanden. Mit Beginn des Abends waren es dann um die 200 Leute, das heißt mindestens 100 davon waren schwanger. Was wiederum bedeutet, dass sich mindestens 300 Leute in diesem Raum befanden. Im Eingangsbereich wurde einem eine Tüte mit Pröbchen und eine rosa Mutter-Kind-Box in die Hand gedrückt...juhuuuuu, Geschenke!!! Diese Geschenke haben es in sich, Propaganda-Material quasi, dass uns hormongesteuerten, sowieso-schon-Geschenke-geilen Moms to be und deren bald schlüpfenden Sprösslingen auf die Konsumgesellschaft vorbereiten soll und will. Dann kuschelt mein Baby mit Beba-Bären, gewärmt von Hipp-Söcken und auf ein Bipa-Lätzchen spuckend, während es aus einem Tupperbecher trinkt...So läuft das...aber hey, ich nehm alles was ich kriegen kann, ich will da ja nicht kleinlich sein.

Beschenkt vom Hebammenteam und ein Werbezuckerl im Mund suchten wir uns ein Plätzchen und ließen die Menge an schwangeren Menschen auf uns wirken. So schön dieser Babyboom ja auch ist, der in unserer Gegend gerade vor sich zu gehen scheint, aber es hinterlässt ein etwas mulmiges Gefühl. So entwickelten sich in mir Horrorszenarien, in denen ich der Herbergssuche gleich keinen Platz finde, um mein Kind auf die Welt zu bringen. Ich denke da an eine Vollmondnacht im Jänner, indem aaaaalle Jännerkinder raus wollen, so auch meins - nur ist keiner der Kreissäle für uns frei in unserem Wunschkrankenhaus. Gruselige Vorstellung. Wo bekomme ich dann nur mein Baby? Kino im Mehrbettzimmer? Auf dem Gang? Naja, mein Mann versuchte mich durch folgende statistische Darlegung zu beruhigen: Bei 5 Storchenpartys im Jahr, kommen die PatientInnen von 10 Wochen zusammen. Bei 300 TeilnehmerInnen gebären dann im Durchschnitt 4 pro Tag. Das geht sich aus. Die Korrektheit dieser Rechnung bezweifel ich stark, schon aus Gründen der fehlenden Informationen über Geburtstermine der Anwesenheit, sowie der Unvorhersehbarkeit von Geburten, aber es hörte sich irgendwie beruhigend an.
Geleitet wurde der Abend vom Primar der gynäkologischen Abteilung, der in (fast ein bisschen zu) einfacher, aber geradezu amikaler (Zitat Ehemann) Sprache einleitete. Ich muss zugeben, dass das Meiste schon aus dem Geburtsvorbereitungskurs bekannt war (Geburtsstellungen, Anästhesie, Stillen) und es deswegen jetzt nicht unbedingt den großen AHA-Effekt in mir bewirkte. Die Reaktionen meines Mannes waren mir aber dann doch etwas zu uninteressiert, sodass ich schwer damit beschäftigt war diesem mit meinen Ellenbogen Kicks in die Seite zu geben und grimmig zu schauen. Nachdem er sich in sein Memo-App am Handy folgende Notizen machte: "blabla...PDA...blabla...Dammriss...blabla...schnarch..." und der Veranstaltung den klingenden Namen "Schnoachnparty" (Mundart) verpasste, waren die Vorträge auch schon wieder vorbei und den Abschluss machte ein Normalo-Papa mit stark bayrischem Akzent, der von seiner Erfahrung sprach, wie er das erste Mal Papa wurde. War ein gelungener Abschluss, er erntete ein paar mitfühlende Lacher für seine Schilderungen und der/die eine oder andere, so auch ich, verdrückten sich ein Tränchen der Rührung.

Die Rechnung der anwesenden Schwangeren und der Kreissäle war in diesem Moment dann aber völlig in den Hintergrund getreten, weil nun der ersehnte Teil des Gratis-Buffet folgen sollte und sich das doch nieeeemals ausgehen konnte. Und die Schlacht war hart, unerbittlich, weil schwanger und die Ausbeute mager, doch lecker.
Das wichtigste und groß angekündigte To-Do für werdende Mütter - das Vertrautwerden mit den Kreissälen - fiel aufgrund von stattfindenden Geburten aus...schade eigentlich, so live und in Action wärs fast noch spannender gewesen. Aber, okay, ist vielleicht etwas distanzlos für die Gebärende und zu deromantisierend für die noch Dickbäuchigen, wenn man da so in Gruppen von 20 reinplatzt, das muss man schon verstehen.
Wir standen noch eine Weile etwas verloren mit unseren Minifrühlingsrollen und dem Kartoffelsalat da, bis wir aufgrund mangelnder Bekanntschaften unter den Anwesenden und der klaustrophobischen Tendzenzen meines Mannes nach Hause fuhren.

Zuhause begutachtete ich meine Gratisproben, entfernte, wenn möglich die Werbenamen und freute mich über Einkaufscoupons von IKEA und meine Gesamtausbeute des Abends.

Das war sie, die Storchenparty - Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, keine Frage!

17. November 2014

Vom Lambada-Tanzen und Bäumchen-Schütteln...

...oder wie ein Geburtsvorbereitungskurs abläuft

Da saßen wir nun, mein Mann und ich, ein ganzes Wochenende, auf zwei Matten am Boden. Mit uns sieben andere Co-schwangere Paare aus dem Grenzgebiet Deutschland/Österreich. Und die Expertin - eine unglaublich, natürlich hübsche midfünfzig-Jährige mit kompetent, weiser Ausstrahlung...so wie das bei Hebammen halt so sein muss.
Ich muss zugeben, ich war jetzt nicht Feuer und Flamme für dieses Wochenende, ich/wir begegneten diesem eher mit Respekt, weiß man doch, dass so eine Geburt keine allzu feine, nach Veilchen duftende und nach Vivaldi klingende Sache ist. Da kann man nix schön reden, auch wenn man von "schönen Geburten" spricht oder spektakuläre, wie verstörende Gebärpraktiken wie das Hypno- oder Orgasmic-Birthing kursieren. Das ist so als würde man bei einem Absturz eines Flugzeugs sagen: "aber es war doch in einer schönen Gegend mit wahnsinns Aussicht und es iat ja auch schnell gegangen". Da spricht auch keiner von "schönem Absturz" - das gibt es auch (im besten Fall nur) Verletzte, Traumatisierte, Angst.
Jaja, ist schon klar, natürlich, die Geburt hat einen Sinn - am Ende bekomme ich das wohl unglaublichste Wiedergutmachtungsgeschenk - mein Baby - und ich kann die Vorfreude über diesen Moment gar nicht ausdrücken mein Baby kennen zu lernen, es zu herzen und zu küssen. Das wird und da werden mir auch sehr wenig widersprechen, einfach unglaublich schön. Gott sei es so sehr gedankt, dass der Körper ein Drogenlabor mit einem großartigen Dealernetzwerk hat!
Aber es ist wie es ist - ein zu kleiner Ausgang für ein zu großes Baby - und das MUSS weh tun, höllisch weh. Für Frauen, die noch nicht (vaginal...ja, wääääh) geboren haben, nicht nachzuempfinden - so auch für mich noch nicht. Mein Frauenarzt sagte neulich zu uns (männlich, wohl gemerkt!), es sei die stärkste Grenzerfahrung, die man als LebendE macht...alles andere (=Sterben) lasse sich schwer nachweisen. Tja, ob das beruhigend, bestärkend, whatever ist? Nope, nicht wirklich. Genau wie die Erkenntnis, die uns unsere Hebamme nahe bringen wollte, dass der weibliche Körper mit allem Nötigen ausgestattet wäre. Ist ja gut und schön, aber trotzdem muss mein Baby DA raus und WARUM um Himmels Willen MÜSSEN NUR wir Frauen das durchdrücken (haha)?
Ist schon klar: "frau bekommt ja soviel dafür zurück"..."frau hat dafür die stärkste Bindung zu dem Knirps"..."Männer würden das nicht überleben"...etc. Da schwirren sehr viele Phrasen herum, um einem eine brutale, blutige, eklige Sache schön zu reden.
Aus Höllenschmerz wird dann auf einmal der "Werdeschmerz". Eine der teilnehmenden erstgebärenden Frauen hat uns erzählt, wie eine Freundin das Gefühl des Gebärens beschrieben hat. Aufpassen, ich muss das nun etwas umschreiben: Es sei wie wenn man einen Ziegelstein in Querlage durch den Körper und anschließend durch den Enddarm und dem Anus befördern müsste. Und das halt so in der Dauer zwischen zehn und 26 Stunden. Aber hey, es ist ein Werdeschmerz.
Da muss auch jeder seine eigene Beschwichtigung finden, um sich auf diesen Wahnsinn einzulassen. Meine ist: die Geburt sind nur einige Stunden deines Lebens voller Schmerz, es geht vorbei, es gibt Drogen - unsre körpereigenen meine ich. Und als Belohnung bekomm' ich neben Dammnaht, schwachem Beckenboden, Inkontinenz und dem Aussehen als wäre bei einem alten Luftballon langsam die Luft ausgegangen, MEIN BABY, meinen Kleinen - ein Wunder, dass es nur deshalb gibt, weil ein bisschen was von meinem Mann und ein bisschen ich zusammengekommen sind. Unglaublich! Und bei dem Gedanken an unser kleines Fröschlein leisten die körpereigenen Drogen sofort wieder Höchstleistungen. Ich bin verliebt! In jemanden, den ich nicht kenne und der mir näher als irgendjemand anderer ist.
Und genau das - das Eine halbwegs traumafrei zu erleben und das Andere zu genießen - das haben wir in zwei Tagen Geburtsvorbereitungskurs gelernt.
Angefangen hat das Ganze mit der Frage an die Männer, warum sie hier seien und ob sie freiwillig da sind. Na hör'n sie mal - wenn er schon keine Geburtsschmerzen und das Schlachtfeld Frauenkörper nach der Geburt am eigenen Leib erleben muss, muss er zumindest durch einen ziemlich peinlichen Geburtsvorbereitungskurs und zumindest alle Ekligkeiten, Obszönitäten und Frauengeheimnisse mitbekommen! Wobei ich mir dabei vielleicht sogar öfter um meinen Mann Sorgen gemacht habe, wie er selber um sich, wenn es da um Schleim, Dämmen und Ausflüssen geht - und dabei handelt es sich nicht um Lawinen- und Wildbachverbauungs-Ausdrücken.
Doch er war tapfer. Gelegentliche angstverzerrte oder angewiderte Blicke von ihm zu mir oder hilfesuchend zum Nebenmann taten seinem Engagement extrem peinliche Gebärpositionen in der Gruppe mit mir zu üben, keinen Abbruch. Und während er das "Bäumchen schüttelte", indem er in Seitenlage meinen überdimensionalen Schwangeren-Körper sanft rüttelte (Massagetechnik) und mit mir unter Verzweiflungs-/Belustigungstränen lachend "Lambada tanzte" und er dabei hinter mir gebeugt, hüftenschwingend meine Lendenwirbel massierte, während ich vor ihm an der Wand lehnte und gemeinsam mit ihm eine fiktive Wehe veratmete, liebte ich ihn mehr denn je. Was für ein Mann! Was bringt mir ein Mann der mich auf Händen trägt - oh, toll, Muskeln. Der's im Bett bringt oder mich mit teurem Schmuck überhäuft, wenn er nicht, wenn's drauf ankommt auch mal das Bäumchen schüttelt, schreckliche Dinge sehen und hören muss, die der weibliche Körper zu Stande bringt und trotzdem aus vollem Herzen und mit all seiner Liebe und Hingabe jeden Tag JA zu mir sagt.
Von der Intensität her baute sich der Kurs an Schrecklichkeiten langsam auf. Was gut war - man kann auch nicht von 0 auf 100 Hecheln, Stöhnen und sich in der Gruppe in Positionen begeben, die man höchstens aus einem anderen Setting kennt. Anfangs wurden der Weg des Babys von seinem paradiesischem Zuhause in der Gebärmutter in die kalte Hölle Welt beschrieben. Anhand eines Plastik- und eines Stoffbeckens, sowie eines knautschbaren Babypüppchens in Originalgröße. Noch viel interessanter waren die coolen anderen Utensilien, wie eine sackähnlich, zusammenziehbare Gebärmutter aus Stoff, einer superulkigen Stoff-Plazenta plus Nabelschnur, die sich durch einen Stecker an das Knautschpüppchen anschließen ließ und als Höhepunkt einen mit Gummibändern zu befestigenden Beckenboden mit allem drum und dran. Toll. Was die so haben. Ob es das auch in Plüsch gibt? So als Spielzeug?
Thematisch hantelten wir uns den drei Geburtsphasen entlang: 1. Die mit einer klassischen (zuuuu langen, aber nicht ganz so angenehmen) Overtüre vergleichbaren "Eröffnungsphase". 2. Die "Übergangsphase", deren genauen Namen ich vergessen habe, weil nur gesagt wurde, dass sie halt sauuuuuu wehhhh tut - den Rest hab ich dann vergessen. Und als fulminantes Ende die 3. Phase mit dem klingenden Namen "Austreibungsphase". Und für diese Phasen lernten wir dann eben verschiedene Atemtechniken und mögliche Positionen, die aus der Schmerz-Hölle evt. nur den Vorhof davon machen könnten.
Was dieser Hebamme noch zu Gute zu halten ist: Sie machte die wirklich peinlichen Dinge selber vor. Sie stöhnte, hechelte und demonstrierte uns Wehen. Das war nett, wirklich!
Und wie ich mich nach diesem intensiven Erlebnis fühle? Ich muss sagen - vorbereitet. Nicht mehr ganz so hilflos. Ich weiß dann zumindest, wir hätten da doch mal was gehört. Und ich weiß, diese 14 Personen müssen innerhalb der nächsten drei Monate auch alle da durch. Das beruhigt irgendwie. Ich bin froh um diese Erfahrung. Manchmal braucht man einfach total verstörende, anwidernde, herausfordernde, eklige Erfahrungen, um zu wachsen - so ähnlich ist es halt dann auch eben mit dem Gebären - wahrscheinlich...

11. November 2014

Vom Schlüssel und Löffel Abgeben...

Wieso das Abgeben der beiden Gegenstände "Schlüssel" und "Löffel" und dessen Bedeutung im übertragenen Sinne in einem Zusammenhang stehen.


Heute ist Tag 2 meiner völligen Freistellung von meinen beiden Jobs aufgrund des Mutterschutzes (+Urlaub). Tag 1 war kein guter. So sollte sich auch gleich heute was ändern und der erste Schritt um ein Gefühl von "Vergammlung" zu vermeiden, war mich sogleich gegen Jogginghose und Schlabberpulli zu entscheiden und stattdessen morgens zumindest einkaufstaugliche Kleidung ohne out-of-bed-Beigeschmack anzuziehen. Klingt blöd, ist aber wirksam!

Ist es der Herbst und seine melancholisch, traurige Schönheit - ich werde nachdenklich, meine Posts auch. So kreisten meine Gedanken aus gegebenen Anlass (Anmerkung an mich selbst: mir sind die Anlässe immer gegeben, deswegen schreibe ich ja auch Posts darüber...) um zwei Umstände, die Lebensbeginn und dessen Ende in Verbindung bringen.

Es waren zwei Situationen, die so plötzlich ganz eng beieinander lagen. Zum Einen musste ich aufgrund meines Austretens aus der Arbeit zum zweiten Mal meinen Schlüssel abgeben. Was bedeutet: kein Zugang mehr = Verantwortung weiter gegeben = keine Verantwortung mehr über diesen Bereich. Das mit den Schlüsseln ist sowieso so eine Sache. Sie bedeuten Exklusivität, den exklusiven Zugang zu einem dir anvertrauten Bereich. Schlüssel bedeuten so betrachtet fast ein bisschen sowas wie Status und Macht. Habt ihr schon bemerkt, dass besonders wichtige, in verschiedenen Verantwortungen stehende Menschen, besonders viele Schlüssel haben? Tja, mein Schlüsselbund wird gerade immer magerer, so dass sich das daran befestigte Schlüsselband zum schnellen Finden fast nicht mehr auszahlt...naja, vielleicht zahlt er sich gerade durch seine magere Bestückung aus. Bezeichnend sind auch die verbleibenden Schlüssel: Haustüre, Rad, Auto. Das war's. Das sind also nun meine neuen Aufgabengebiete.
Interessanterweise ist ein Neuer dazu gekommen (yeahh!). Ich habe mit einigen Freunden einen Verein gegründet mit dem Namen "Weidenkorb - ein Verein zur Förderung und Stärkung einer positiven Eltern-Kind-Bindung", der sich damit auseinandersetzen möchte, jungen Eltern mit verschiedensten Angeboten unter die Arme zu greifen. Der Verein befindet sich noch in den Windeln (wie passend), doch wird ein nächstes Projekt sein, eine Kleiderkammer für die nachhaltige Verwendung von Kinderkleidung, Spielzeug und Babybedarf einzurichten. Dafür steht uns ein leerer Raum zu Verfügung und dazu hab ich gerade diese Woche einen Schlüssel bekommen. Ich fasse zusammen, meine Aufgabenbereiche sind nun: Haus, Rad, Auto, Babysachen-Kleiderkammer. Wie passend. Das ist die eine Geschichte zum Thema "Schlüssel abgeben".

Die andere ist die über das "Löffel abgeben". Die Redewendung kommt von dem alten Usus in ärmeren oder bäuerlichen Gesellschaften, dass ein jeder seinen eigenen Löffel für das Essen, welches in einem Topf mitten auf dem Tisch serviert wurde, hatte. Nur diesen benutzte er und legte ihn nach dem Essen an einen eigens dafür vorgesehenen Platz. Der persönliche Löffel bedeutete: persönlicher Zugang zu Essen = LEBENswichtig ergo Löffel abgeben (freiwillig oder unfreiwillig) = Sterben.
An dieser Stelle lässt sich schon feststellen, dass der Schlüssel und der Löffel doch irgendwie was gemeinsam haben...nein, so dramatisch sehe ich das auch nicht, ich sterbe jetzt nicht, weil ich meine Schlüssel abgeben muss...
Aber das Sterben, das hat etwas mit dem Abgeben zu tun. Das Abgeben von Verantwortung, das Abgeben von seinen vermeintlichen Rechten, Abgeben von Lebenszeit, Abgeben von Besitz und das Loslassen der eigenen Kraft und Stärke, sowie der Familie.
Dieses Wochenende wohnte ich einem sehr bewegenden Begräbnis eines lieben, zeitlebens sehr aktiven Menschens bei, der aufgrund eines heimtückischen Krebses in kürzester Zeit aus dem Leben gerissen wurde. Im Vorfeld machte sein Sohn eine Bemerkung, die mich zum Nachdenken brachte und mir bewusst machte, wie eng Geboren-Werden und Sterben doch beieinander liegen. Er sagte: "Ab der Geburt laufen die Uhren rückwärts". Das hat was Wahres. Es mag uns auf den ersten Blick etwas verstören, ist doch so ein Neugeborenes, schreiendes, kleines Bündel Mensch Ausdruck von Leben, Neubeginn und Hoffnung. Es hat aber so gar nichts Verstörendes, weil es einfach so ist. Wir werden geboren, gepflegt, sind zu Beginn von der Liebe und Pflege unserer Eltern angewiesen, wir wachsen, wir bekommen Verantwortung, wir gewinnen an Kraft und setzen diese für uns selber und für andere ein, wir nennen Dinge "unser" und "mein", wir kämpfen für unsere Rechte und unseren Besitz - und dann - irgendwann - keiner weiß, wann und das ist gut so, verläuft die Lebens-Kurve wieder nach unten. Verantwortungen werden abgegeben, die Kraft lässt nach, wir stellen Rechte und Besitz in Frage, wir müssen Loslassen bis wir wiederum auf die Liebe und Pflege unserer Lieben angewiesen sind...und dann? Also für mich endet mein Leben, so wie begonnen hat: aus Gottes Armen in Gottes Arme. Und DESWEGEN ist dieses Rückwärtslaufen, welches in Wirklichkeit keines ist, da die Uhr ihre Kreise zieht und ihren Weg immerzu wiederholt, ist diese Kurve keine Auf- und Abwärtsbewegung, sondern Symmetrie. Und diese Zyklen des Lebens, die sich im Leben unserer Lieben aus den vorherigen Generationen und der Generationen nach uns zusammensetzen, ergeben eine Zierleiste, ergeben Puls, ergeben Lebendigkeit.

So ist es gut und richtig, dass Geboren-Werden und Sterben so nahe beieinander liegen.
Was zählt ist, was ich dazwischen mache, zu wem ich mich halte, an was ich glaube, wofür ich kämpfe und worauf ich mich am Ende berufe...und in wessen Hände ich mich am Ende begebe. Kann ich mich dann fallen lassen und sind es liebende und auffangende Hände?

Alles hat seine Zeit

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist:
Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten.
Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen.
Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen.
Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden.
Was also hat der Mensch davon, dass er sich abmüht?
Ich habe mir die Arbeit angesehen, die Gott den Menschen gegeben hat, damit sie sich damit plagen.
Gott hat allem auf dieser Welt schon im Voraus seine Zeit bestimmt, er hat sogar die Ewigkeit in die Herzen der Menschen gelegt. Aber sie sind nicht in der Lage, das Ausmaß des Wirkens Gottes zu erkennen; sie durchschauen weder, wo es beginnt, noch, wo es endet.
Dadurch wurde mir klar, dass es das Beste für den Menschen ist, sich zu freuen und das zu genießen, was er hat.
Denn es ist ein Geschenk Gottes, wenn jemand isst und trinkt und sich über die Früchte seiner Arbeit freuen kann.
Mir ist auch klar geworden, dass alles, was Gott tut, endgültig ist: Nichts kann hinzugefügt und nichts kann weggenommen werden. Gott handelt so, damit die Menschen Ehrfurcht vor ihm haben.
Alles, was heute ist, besteht schon seit langer Zeit, und alles, was in Zukunft sein wird, hat bereits in der Vergangenheit existiert. Denn Gott holt wieder hervor, was in der Vergangenheit gewesen ist. 
(Prediger 3, 1-15)


3. November 2014

Über das Müßiggehen und meinen Platz in der Gesellschaft

"Müßiggang ist das Aufsuchen der Muße, das entspannte und von Pflichten freie Ausleben, nicht die Erholung von besonderen Stresssituationen oder körperlichen Belastungen. Er geht z. B. mit geistigen Genüssen oder leichten vergnüglichen Tätigkeiten einher, kann jedoch auch das reine Nichtstun bedeuten." (Wikipedia, Juni 2014)
Ich befinde mich in meiner letzten Arbeitswoche, was bedeutet, dass ich an nur 2 Tagen dieser Woche meine Nachfolgerin einschulen darf. Dann bin ich raus. Und drinnen im Mutterschutz. Über 8 Wochen (dank Überstunden und Resturlaub) Müßiggang. Ich habe äußerst gemischte Gefühle dabei. Ich war bei Gott nie ein Workaholic, zu wichtig sind mir Privatleben, Freunde und Hobbies. Aber jetzt so ganz weg vom Fenster zur Arbeitswelt zu sein, bereitet mir doch etwas Unbehagen. Und das schreibe ich während ich spät Vormittags in meinem als Stillstuhl gekauften und nun zum Ort des Müßiggangs erklärten Ohrensessel sitze und einen Cappuccino schlürfe. Ja, das ist klasse, es ist purer Luxus...aber in unserer Gesellschaft nur schwer geduldet. Und dieser Geist der arbeitsamen, stets produktiven, immer jungen, ansonsten unnützen Gesellschaft hat Spuren bei mir hinterlassen. Es ist nicht die Langeweile vor der ich Angst habe, ich kenne keine Langeweile - ich liebe es, wenn einmal einfach nichts los ist, nichts läuft, nichts zu tun ist. Ich habe es schon als Kind bzw. Teenager auch tagsüber genossen einfach auf meinem Bett zu liegen und nachzudenken, ohne irgendetwas tun zu müssen. Vielleicht gilt mein Unbehagen auch nicht dem Tun, sondern vielmehr dem Sein. Man und Frau muss zugeben, dass das Muttersein keinen allzu guten Ruf mehr genießt. Muttersein bedeutet für die Wirtschaft eher Unproduktivität - naja, außer für die, die Babykram verkaufen, da sind Mütter geeignete, supersensible, von Liebe und Verantwortungsgefühl geblendete Milchkühe, die man von diversen Produkten leicht überzeugen kann.

Gesellschaftliche Tendenzen infiltrieren uns junge, aufgeklärte Frauen immer mehr damit, dass a) Selbstverwirklichung Priorität hat und b) dies am Besten, vor allem Karrieretechnisch, ohne den Störfaktor Kind funktioniert. Und sollte frau aus Selbstverwirklichungsgründen sich doch Kinder wünschen, dann möchte sie nach erledigtem Lebens-Agenda-Punkt doch auch möglichst schnell zum nächsten übergehen und karrieremäßig weiter kommen. Mütter, die nicht aus Gründen der Selbstverwirklichung, sondern FÜR die Kinder zu hause bleiben möchten, die Grundausstattung von Werten, Weltbild, sozialen und emotionalen Fähigkeiten in den ersten Jahren bis zur Schulzeit oder auch darüber hinaus den Kindern selbst mitgeben wollen, sind a) wohl nicht aufgeklärt genug, dass Hausfrau- und Muttersein verjochend und degradierend für Frauen und b) deshalb zu vernachlässigen ist. Hat schon jemand bemerkt, dass in Diskussionen über Frauen und durch Frauen zum Thema Arbeit und Kindererziehung großteils über verschiedene Modelle des schnellstmöglichen Wiedereinstiges in die Arbeitswelt bzw. den Ausbau von Baby- und Kleinkindbetreuungseinrichtungen gesprochen wird, jedoch nie über die Option, Mütter und Familien, die die Baby- und Kleinkinderziehung (sie schimpfen sich Hausfrauen) länger selber übernehmen würden, so zu unterstützen, dass sie dies tun können, ohne in finanzielle Not zu geraten? Sollen wir doch ja nicht auf den Gedanken kommen, dass AUCH die Kindererziehung (die unprofessionell, nich-tinstitutionelle) durch ihre Mamas und Eltern Wert hat. Hat sie auch nicht, sie soll nicht zu stark werden, die Erziehung und Wertevermittlung zu Hause, das möchten ja auch Medien und Schulpläne übernehmen. Die jungen Leute sollen ja doch auch in die sich verändernde Gesellschaft gut rein passen...
Ich plädiere für echten Pluralismus und verschiedenen Wahlmöglichkeiten. Nicht nur die, die gerade Mainstream sind oder werden sollen. Unser Pluralismus und unsere Toleranz sind im Allgemeinen eine recht fadenscheinige Angelegenheit, aber das auszuführen würde zu weit gehen.
P.s.: Diese Kritik bezieht sich nicht auf Frauen, die sobald als möglich wieder arbeiten WOLLEN. Ich spreche mich für die gleiche Unterstützung verschiedener, auch als antiqiert angesehene Lebens-, Familien- und Erziehungsentwürfe aus und dafür, dass diese wieder wertfrei zur Diskussion gestellt werden, ohne Köpfe in eine bestimmte Richtung drehen zu wollen.

Sollte sich das Ganze etwas zu frustriert anhören für jemanden, der mit sich und seiner Identität im Reinen ist, dann ist das eine berechtigte Annahme. Denn in diesem Prozess befinde ich mich genau jetzt. Deswegen fällt mir der vorübergehende Wechsel in einen 8-wöchigen Müßiggang irgendwie gar nicht so leicht...
Weil ich mich inmitten meiner Wertvorstellungen, meines Wissens über die Qualität "häuslicher" Erziehung und dem gesellschaftlichen Bild von der Mutterschaft bzw. des Hausfrauendasein befinde und in diesen gegensätzlichen Anschauungen meinen Weg suchen muss. Aber ich bin es gewohnt, solche Phasen gab's in meinem Leben immer wieder. Gerade als gläubiger Christ, für den dieser Begriff mein Leben und nicht nur Statistenrolle oder kulturelle Identität bedeutet, befindet sich die Beziehung meines Ichs, als Teil der Gesellschaft und der Gesellschaft, an der mein Ich teil haben soll, im Facebook-Status "es ist kompliziert". Aber das ist gut so, so bleibe ich wach, geistig flexibel und vor allem kritisch. So erarbeite ich mir meine Meinung, kann diese ändern und adaptieren und bleibe dabei authentisch. Nur einfach ist es nicht...

Doch abgesehen von meinem zweiten psychosozialen Moratorium, in dem ich mich gerade irgendwie befinde, ist es ein Segen und eine Wonne die Möglichkeit einer 8-wöchigen Pause zu bekommen. Und während ich in meinem Ohrensessel der Muße sitze und die kräftigen Bewegungen des kleinen Menschens in meinem Bauch meinen ganzen Körper leicht rütteln, freue ich mich auch auf die kommende Zeit. Ich seh' es als Lehrzeit, Vorbereitungsphase, ein in-mich-Gehen, bevor ich dann in die wohl eindrucksvollste Phase meines Erwachsenenlebens einsteige.


30. Oktober 2014

Was bisher geschah...Teil 2

Um dem ersten Teil einen zweiten zu geben, wende ich mich hier den Wochen nach der Geheimniskrämerei zu.

SSW 13. - 28.

Also nach der 12. Woche war es dann so weit und wir konnten in die Welt hinausposaunen, dass wir schwanger sind! In meiner kleinen Kopf-Welt wäre dies wieder von herzzerreißenden Szenarien mit überglücklichen Mitmenschen, die einem aus Rührung und Freude mit Tränen des Glücks in den Augen um den Hals fallen und sogleich los rennen und einen mit Babygeschenken überhäufen.
Okay die Realität sah wieder eeeetwas anders aus. Aufgrund der vorangegangenen, leider nicht geglückten Schwangerschaft, war der gewisse Überraschungseffekt vielleicht nicht mehr ganz so gegeben und uns begegnete eher ein freudiges "naja, damit haben wir ja e gerechnet"...ja, Hallo!? Wir auch, trotzdem spielt man das Ganze aus Anstand noch mal durch :)
Es sei ihnen verziehen, die Freude baute sich allmählich auf und wird jetzt mit nahendem Geburtstermin immer größer - und langsam kommen auch die Geschenke ;)
Ich hatte bis jetzt eine tolle, komplikationslose Schwangerschaft. Außer kleiner Übelkeitsüberfälle gegen Abend, war alles paletti. Keine Horrorszenarien über der Kloschüssel, die der Darstellung aus "Wir Kinder vom Bahnhofszoo" gleichen. Ich bin sehr dankbar dafür, eine Freundin von mir kotzte sich bis ins fünfte Monat die Seele aus dem Leib - was man ihrem Prachtkerl von Jungen jetzt gar nicht mehr ansehen würde, also auch das geht vorbei.
Die Wochen darauf verliefen eigentlich genau so entspannt. Der vorläufige Austritt aus dem Arbeitsleben wurde geplant und wird Ende nächster Woche endgültig abgeschlossen. Dafür hab ich meinen zukünftigen Chef beim Frauenarzt einige Male sehen dürfen.
Obwohl wir pränataldiagnostische Behandlungen aus Überzeugung ablehnen (wir nehmen und lieben unser Baby, so wie es sein wird - eine Behinderung würde für uns keinen Unterschied in unserer Entscheidung FÜR das Baby machen), wurde uns vom Arzt ein Organscreening "verordnet", weil der Ultraschall eine geringe Auffälligkeit bei einem Organ andeutete. Also hatten wir die Gelegenheit eine halbe Stunde Babykino zu genießen. Ich muss dazu sagen, es war ein teilweise langweiliger Film bzw. hab ich Passagen davon nicht verstanden. Natürlich entzückt mich der Anblick meines Mini-Fröschleins jedesmal ungemein, nur hat er die Angewohnheit, die Gelegenheiten des Ultraschalls oder der damit verbundenen Fotoshootings dazu zu verwenden, sich schlafend in eine Ecke zu legen, am Besten noch mit den winzigen Ärmchen über den Kopf, damit man auch ja nichts von seinem Gesichtchen sehen kann...das etwas verstörende, aber ebenso witzige Rütteln meines Arztes an meiner Bauchdecke, bringt da auch nicht viel. Jetzt habe ich ein Haufen Fotos und keeeine Ahnung, was sie darstellen sollen. Ja, ich weiß, da bin ich wohl keine Vorzeige-Mama. Der Papa ist da ganz anders, er verfolgt und kommentiert die Untersuchungen eifrigst und liegt eigentlich immer richtig, während ich mir nur denke: "Hääää!?"

Blau oder rosa?


Eines der wichtigsten Ereignisse, neben den Bestätigungen, dass unser Baby sich prächtig und gesund entwickelt, war das Erfahren seines Geschlechts. Als Eltern haben wir uns entschieden, uns das Geschlecht sagen zu lassen. Das Sagen-Lassen erübrigte sich nach ein paar Wochen durch ein paar eindrucksvolle Bilder, die den Papa mit großem Stolz über die Weitergabe, natürlich in dieser Beziehung, seiner guten Gene erfüllten. Mein Arzt kommentierte die Sache, nachdem er uns darüber aufklärte, man könne sich beim Geschlecht bis zuletzt nie ganz sicher sein mit den Worten: "Okay, wenn DAS ein Mädchen ist, DANN hat es eine Hormonstörung." Beruhigend...aber auch echt witzig.
Ein Junge also - der 6. Junge in Folge innerhalb meiner Geschwister. Ich muss gestehen und tret' wohl wiederum in den Mama-Fettnapf, ich war anfangs fast ein wenig enttäuscht, wäre doch ein Mädchen echt wieder mal dran gewesen. Aber, das ist inzwischen Geschichte! Wir haben einen wunderschönen Namen, der bis zur Ankunft unseres kleinen Fröschleins ein Geheimnis bleibt, und ich liebe mein Burli inzwischen schon von ganzem Herzen. Es muss ja nicht alles blau sein und Bärchen widersezte ich mich grundsätzlich so gut es geht, egal um welches Geschlecht es sich handelt. Und wird dieser Mensch nur halb so gutaussehend, liebevoll und fantastisch wie sein Papa, dann hat die Welt schon wieder dazu gewonnen.

Tschip, tschiiiip


Nach dem Erfahren des Geschlechts folgte der mütterliche Nestbautrieb. Das hab ich durchgezogen - termingerecht und in einem durch. Da musste der Papa ran. Ikea wurde reicher, unser Konto leerer und ein Zimmer grüner. Auch an die Papatauglichkeit hab ich gedacht und um mir tägliches Nachfragen nach dem Aufbewahrungsort der Strampler zu ersparen, wurden flexible, farblich passende Kisten sogleich mit Beschriftung versehen. Hier gibt's also keine Ausreden, nichts zu finden oder nicht zu wissen, wo was hingehört. Inzwischen sind wir so gut ausgestattet, dass Fröschlein jederzeit bei uns in der Wohnung einziehen könnte - aber das wünsch' ich ihm noch nicht, hat er's doch noch so viel gemütlicher.

Klopfzeichen aus der Dunkelheit


Mein persönliches Highlight erlebe ich aber seit etwa 6 Wochen jeden Tag mehrmals - der Kleine strampelt, boxt und wütet, als hätte er Platz dafür ;). Ich liebe das Blubbern und Drücken und Wobbeln des Bauches, dass durch seine Turnübungen verursacht wird. Selbst wenn er sich dazu entscheidet meine Blase als Trampolin zu verwenden und mich mit einem ausgerufenen "HUCH!" in die aufrechte Position manövriert. Ich wache auf mit dem wohligen Gefühl der Lebendigkeit in mir und schlafe damit (irgendwann, aber doch) ein. Auch da hat er die Angewohnheit sich seinem Publikum rar zu machen und die Spannung zu erhöhen. Sobald sein Papa seine Hand auf den vorher tobenden Bauch legt, wird es still. Meine Theorie ist, dass er sobald die Hand meines Mannes auf meinen Bauch liegt, in eine angespannte Aufmerksamkeitshaltung geht und denkt: "Horch! Da ist was auf der anderen Seite!" Naja, wenn das beide Seiten so machen, wird das eine recht ruhige Angelegenheit. Die Theorie meines Manne ist, seine unglaublich beruhigende Wirkung auf das Ungeborene...wir werden es wohl nie erfahren...Aber schön sind diese Familienzeiten jetzt schon.

Inzwischen ist meine Körperfülle den Ereignissen nachgekommen und von Bäuchlein kann hier keine Rede mehr sein. Wenn du wöchentlich zu hören bekommst: "Boah, bist du jetzt dick geworden", dann weißt du, dass es jetzt für andere nicht mehr so leicht möglich ist in ein Fettnäpfchen zu treten im Stile von "Oh, in welchem Monat bist du denn schon?" "Ähm, wir haben grad Oktober und ich bin NICHT schwanger!!!" Ist auch sehr peinlich sowas...Also, mein Bauch lässt sich nur mehr mit Schwangerschaftshosen und übergroßen, extralangen Oberteilen verpacken. Essen ist eine göttliche Erfindung und noch nie haben Lebensmittel so gut geschmeckt, wie in den letzten paar Wochen. Bauch wächst, Zellulite ist bei mir nicht nur mehr Betrachtungssache und eine Frage des Lichteinfalls, sondern Realität. Auch die Ruhe vor dem Sturm im Mutterschutz, sowie dem "Kein Zurück" sind jetzt voll da. Manchmal versetzt mich das, vor allem nachts, in Angst und Schrecken, manchmal in Entzücken. Wenn ich dann aber von meinem Mann in den Arm genommen werde, er meinen Kopf küsst und mir zuflüstert, wie lieb er UNS hat - dann ist alles gut. Ich liebe diesen so anderen Umstand, ich liebe meinen dicken Bauch und meine kleine Familie.

27. Oktober 2014

Das PräPost-Geburts-Paradoxon...

Eine Sache, die mir aufgefallen ist, betrifft das Davor und das Danach bei einer Schwangerschaft. Ich weiß nicht, wer genau die Leidtragenden sind - die Mütter oder die Kinder. Aber es existiert und solange mir kein hochwissenschaftlicher Begriff dafür einfällt, nenne ich es das PräPost-Geburts-Paradoxon.
Was ich damit meine? Ganz einfach, es gibt eine Zeit VOR und eine Zeit NACH der Geburt. Diese Phasen (mhmmmm...dieses Wort wird mich in nächster Zeit noch oft begleiten) sind gekennzeichnet durch unterschiedliche Eigenschaften. Schwangerschaften und auch die Mutterschaft sind im Allgemeinen getränkt von Verhaltensregeln, Vorstellungen, unausgesprochenen Vorschriften, Erwartungen an sich selber und vor allem VON ANDEREN! Bezogen auf das PräPost-Geburts-Parodoxon sind das dann VOR der Geburt folgende, die ich in Soll, Kann und Darf-Erwartungen gliedern werden. Wobei eine Darf-Erwartung eher mit einem Zugeständnis gleichzustellen ist.

Vor der Geburt...

...sollte frau stets überglücklich über den Zustand sein und sich glückselig über den Bauch streicheln.
...sollte frau bestimmte Dinge ihrem Körper und vor allem ihrem Baby unter keinen Umständen antun z.B.: roher Fisch (aber ja nicht zu wenig Omega Fett-Säuren!) ergo Sushi, Salami, Alkohol, Stress, Strahlung und die Hardliner unter uns Plastik, bestimmte Pflegeprodukte, Putzmittel, die nicht total öko sind und eigentlich e nur aus Zitronensaft bestehen, zu viel Süßes, Fettes und alles was sonst noch zu lecker schmeckt, etc., etc., etc....die Liste lässt sich je nach Härtegrad der Übermutter-Schwangeren endlos weiterführen.
...sollte frau möglichst viel Obst, aber besser Gemüse essen, ungefährlichen Sport bis zur Geburt betreiben, Pilates, Yoga und Schwangerschaftsgymnastik und einen Schwangerschaftsvorbereitungskurs besuchen.
...sollte frau in den ersten drei Monaten sich übergebend und ständig müde in Geheimhaltung üben und sich zur Arbeit schleppen, im vierten bis sechsten Monat freudestrahlend und voller Energie mit wunderschön rundem Baby-Bäuchlein die Welt mit einer mütterlich gütig, freudigen Schönheit, die nur eine Schwangere hat, bereichern.
...sollten die Vorstellungen über die neue Mutter-Kind-Dyade der werdenen Mutter möglichst romantisch sein, während man von seiner Umgebung vorzugsweise Aussagen dieser Art hört:"DANN wird AAAAALLES anders; Du wirst für NICHTS mehr Zeit haben; HA! Zweisamkeit und Romantik, was ist das? WAAAAARTE nur bis das Baby da ist!!! (Drohung mit weitaufgerissenen Augen!), etc."
...sollte frau sich über die wichtigten Dinge bereits Gedanken machen: Stillen ja/nein; Stoffwindeln oder Wegwerfwindeln; Gläschennahrung oder Selbstgekochtes; Familienbett/Schlafnest oder eigenes Zimmer; Schieben oder Tragen, usw. Wobei es dabei ja sowieso nur immer EINE wirklich richtige Antwort gibt, um Bindung, Gesundheit und intellektuelle, sowie emotionale Entwicklung zu fördern und um frühkindliche Schädigungen, eine kriminelle Zukunft, Verblödung und Umweltverschmutzung zu verhindern! Um herauszufinden welche der genannten Varianten das jeweils sind, einfach in Baby/Mütter-Foren stöbern - da wird einem, oftmals schon fast militant und teilweise extremistisch, weiter geholfen.
...soll die werdene Mutter geschützt werden, denn sie tut etwas Wunderbares, sie trägt neues Leben in sich!

...kann frau Stillvorbereitung machen, Storchenpartys besuchen und unzählige weise Schwangerschaftsbücher lesen.
...kann frau schon mal das Kinderzimmer einrichten, Pflegeartikel und Kinderkleidung einkaufen gehen.
...kann frau sich überlegen, ob man sich Geschlecht sagen lassen möchte (pro: konkretere Beziehung zum Kind; contra: Überraschungseffekt geht flöten).

Und jetzt kommt das Schönste:


...darf frau zunehmen!
...darf frau eine gewaltigen Wampe und auch sonstige Körperfülle haben und alle finden es toll, der Großteil sogar ehrlich attraktiv und wunderschön.
...darf frau einen ordentlichen Appettit haben und zulangen und erntet dafür höchstens ein "iss nur, du isst ja für 2! Selbst wenn man dies als informierte werdende Mutter dementiert und darüber aufklärt, dass der erhöhte Kalorienbedarf in der Schwangerschaft ein sehr geringer ist, wird einem mit wohlwollendem Blick das Essen gegönnt.
...darf frau fast alles, weil sie wie oben bereits erwähnt, eine fast heilige Aufgabe hat, ein Kind in sich zu tragen.


Um die Sache etwas abzukürzen, komme ich an dieser Stelle zum paradoxen NACHHER. Eine genauere Auflistung wäre mir eben erst danach möglich, doch ich möchte auf die Dinge eingehen, die mir bei Freundinnen und Jungmamas aufgefallen sind und mich auf das Paradoxon aufmerksam gemacht haben.

1) Die Sache mit dem besonderen Schutz der werdenen Mutter und der Heiligkeit ihrer Aufgabe, Leben in sich zu tragen: Ist das Kind einmal da, schreit, stinkt, "sudert" oder aber besitzt die Frechheit zu laut zu spielen und verhält sich für den Anlass bzw. die Umgebung unpassend, gilt keinerlei Schutz mehr für Frau und Kind. Viel eher werden der Mutter vorwurfsvolle und genervte Blicke zugeworfen. Wenn sie etwa mit drei kleinen, quängelnden Kindern einkaufen geht, einen Kinderwagen vor sich herschiebt und gestresst wirkt, ist alle Heiligkeit und Respekt vor ihrer Aufgabe verschwunden und hat sich in ein "selber Schuld!" verwandelt. Verstehen tu ich das nicht - in der Schwangerschaft muss man sich bei der Kindererziehung und -pflege um nichts kümmern. Das Baby ist selbstversorgend, hat es immer schön warm und flauschig, selbstreinigend - Mama kann da nicht viel dazu beitragen - und trotzdem bekommt sie dafür allen Respekt. Nach dem Schlüpfen ist das Häufchen Mensch ganz und gar auf die Fürsorge, Pflege und Erziehungsleistung der Eltern angewiesen - DAS ist die eigentlich Kür, DEM gebührt der eigentliche Respekt!

2) Der liebe Körper: In der Schwangerschaft ist der kugelrunde Körper und der gesteigerte Appetit positiv attribuiert. Es verkörpert Leben, Gesundheit und sogar Schönheit. Hat das Menschlein seine schöne speckige Höhle verlassen, ist der "bewirtende" Körper dem Verfall preis gegeben. Und um dies zu verhindern, sollte Mama am Besten ab Tag 2 nach der Geburt mit ihrem personal trainer den after-baby-body-Masterplan entwickeln. Sollte man nicht zu den Proms und VIPs gehören, sollte man sich aber trotzdem tunlichst schnell im Fitnesscenter oder Pilateskurs einschreiben - schließlich hat man in der Karenz ja dazu genug Zeit, gehen lassen ist nicht! Da hört man dann von jungen Mamis doch wirklich so etwas wie "ich will ja auch weiterhin für meinen Mann attraktiv sein".
Manchmal denke ich mir, dass ich in einer anderen Welt lebe. In einer Welt in dem Attraktivität und Sexappeal an Liebe gekoppelt ist - ich muss zugeben, es ist eine schöne Welt.
Ich bin grundsätzlich eher der Typ dessen Körper schon vor der Geburt eher einem short-after-birth-body geähnelt hat und sowieso so ist, wie er nun mal ist und sich jeglichen eingehämmerten idiotischen Schönheitsidealen widersetzt hat - seit jeher. Gerade deswegen weiß ich und kann mich richtig darin suhlen, wenn mein Mann mich schön nennt. Selbst wenn mir einiges an mir selber nicht gefällt, kann ich ihm getrost glauben, dass er es anders oder halt einfach passend findet. Ich mag meine Welt.

Und zum Essverhalten vor bzw. danach, eine kleine Anektdote. Eine Freundin von mir hat vor wenigen Monaten einen Jungen geboren und stillt diesen voll. SIE hat wirklich erhöhten Kalorienbedarf. Letzens waren wir bei einem gemeinsam Essen - es gab Schnitzel - mhmmmm! Während meine Freundin bereits fertig war und sich schamhaft eingestehen musste, dass sie noch gerne etwas hätte (was man aber ja DANACH nicht mehr tut), lud ich mir eine ordentliche Portion Kartoffelsalat auf, während ich von zwei anderen Personen wohlwollend kommentiert wurde mit "du musst ja immerhin für zwei essen" und mich dann die Dame bei der Schnitzelausgabe sogleich fragte, ob ich denn gerne zwei davon hätte...
Irgendwas stimmt da in unseren Köpfen doch nicht. Aber, während ich mich noch in der glückseligen Zeit davor befinde und diverse Vorzüge genießen darf, packe ich mir doch glatt das größte Schnitzel und als Nachspeise gleich eine extra Portion Kuchen auf meine Teller und freue mich noch ein paar Monate darüber, mich nicht selber ständig aus Angst vor Verurteilung und "jetzt isst die schon wieder, die hat e schon genug auf den Hüften" künstlich zügeln zu müssen und "nein, ist schon genug" zu sagen, wenns eigentlich gar nicht so ist.
 
Fazit: Ich spiele also die Karte aus. Ich bin dick, so richtig, jeder siehts und findets toll. Ich esse gerne und viel, jeder findets witzig - und das alles nur weil ich schwanger bin und ich somit noch ein wenig Schonzeit vor dem DANACH habe. Paradox!

25. Oktober 2014

Was bisher geschah... Teil 1

Ich befinde mich also in der 28. Schwangerschaftswoche. 12 weeks to go. 

Für alle die sich denken: "schon oft gehört, aber kein Plan, wovon die Rede ist" - Was ich, bevor mein Mann und ich uns entschieden haben schwanger zu werden, auch nicht wussten ist, dass die Information, es handle sich bei der Schwangerschaftsdauer um 9 Monate, nicht korrekt ist. Es sind nämlich eigentlich 39 - 40 Wochen! Für die Rechengenies unter uns - das sind ja eigentlich fast oder auch genau 10 Monate (rechnet man 4 Wochen für einen Monat). Tja, offensichtlich wurden wir von Anfang an gelinkt. Erste Aufklärungsversuche unserer Eltern im Kleinkindalter, aufgrund eigenem Interesse motiviert oder auch um großen Geschwistern vorzurechnen, wie lange sie noch anteilsmäßig mehr von ihren Eltern haben bzw. bei Erstegeborenen der Prinzen- und Prinzessinnenstatus noch andauert, waren also schlichtweg eine Fehlinformation! Und jeder springt darauf auf - diverse dick kartonierte Babybücher mit "Eltern - pädagogisch wertvoll"-Zertifikat bis hin zum Aufklärungsunterricht in der Schule.
Und dann ist man plötzlich schwanger und steht vor der Diskrepanz dem "geschulten" Personal (Mütter, Frauenärzte und Arbeitgeber) die Schwangerschaftswoche zu nennen, während der fehlinformierte Mitmensch nach dem Monat fragt. Beide Fragen lassen sich aufgrund der diffizilen Berechnungsmethoden manchmal schwer beantworten...oder ich vergesse es halt einfach.
Dazu behauptet eines meiner vielversprechenden Schwangerschaftsbücher (von satirisch gewitzt bis romantisch übermutternd), man solle die Menschheit nicht damit belasten über Schwangerschaftswochen (kurz SSW) zu sprechen, da e keiner was damit anfangen kann.
In diesen tollen Büchern (bevorzugte Farben im Layout: rosa, blau, gelb und diverse Pastellfarben dazwischen) gibt es auch in den allermeisten Fällen eine Übersicht, die meist in irgendeiner Form "die Entwicklung ihres Babys Woche für Woche erklärt" lautet. Darin wird also erklärt, was die Wissenschaft und Medizin darüber herausgefunden hat, wie sich ungeborene Babys im Normalfall entwickeln.
So etwas ähnliches will ich nun retrospektiv über die vergangenen 28 Wochen an dieser Stelle auch darstellen. In geraffter Form und mit ungefähren Schwangerschaftswochen-Angaben, weil ich meinen Lesern das zutraue :)

1. - 12. SSW: 

Wenn man es nicht strikt plant bzw. aus Überzeugung nur zu Fortpflanzungszwecken Sex hat (so jetzt ist es raus - wir haben's wohl getan "wuääääh!!!!"), weiß man wohl die paar ersten Wochen gar nicht, dass man bereits schwanger ist. Ich wusste es aber bald, also machte ich einen Schwangerschaftstest zu hause. Spannende Sache sowas! Blöd in der Durchführung, verzögert die Wahrnehmung von 3 Minuten und bringt je nach Wunsch des Ergebnisses, unterschiedlichste Reaktionen mit sich.
Als Teenager und sogar in der Zeit bevor ich schwanger wurde habe ich mir folgendes Szenario vorgestellt: Mann und Frau warten voller Spannung das Ergebnis des Tests ab und fallen sie beim Erscheinen von zwei Strichen mit tränenerfüllten Augen in die Arme. Sollte der Mann nicht unmittelbar beim Durchführen des Tests dabei sein, würde Frau, also ich, ihrem Mann, also Dan, bei einem unglaublich romantischen und harmonischen Abendessen ein Babyaccessoire als Hinweis auf das kommende Ereignis unterjubeln. Die grenzenlose Beglückung wäre in meiner Vorstellung wieder durch tränenreiche und emotionsgeladene Umarmungen besiegelt worden.
Naaaaja, wie es sich vermuten lässt, ist es im real life nicht ganz so gelaufen. Durch die traurige Erfahrung des Verlustes unseres ersten Kindes in der 10. SSW in diesem Jahr, gingen wir die Sache etwas pragmatischer an. Wie es kommen sollte, so sollte es kommen, war unsere Devise. Meine innere war aber trotzdem von Hoffnung getränkt.
Die real life-Situation lief so ab: Ich führte den Test durch (äußerst unromantisch und auch ziemlich medizinisch - wie das bei Pipi abgeben halt so ist), wartete auf das Ergebnis, zeigte es meinem Mann, der verschlafen ein undefinierbares "Hmmm" von sich gab. Danach freuten wir uns mit Vorsicht.
Wir entschieden uns dazu, die erneute Schwangerschaft bis zum weniger kritischen Punkt nach der 12. Woche so geheim wie möglich zu halten. Diese Zeit war in einer eigenartigen Gefühlsmixtur von wohligem Wissen über ein gewolltes Baby im Bauch und der Angst, es könnte jederzeit doch nicht mehr wahr sein, getränkt.
Aufgrund unseres auffälligen Verhaltens, laut unseren Freunden, die behaupteten, dass mich meine aufkeimenden Schwangerschaftshormone nicht von der starken, männlich schützenden Seite meines Mannes weichen ließen (Blödsinn, so sind wir doch immer!!!), wurden wir noch innerhalb dieser 12-Wochen-Frist von eben diesen entlarvt.

Mein rosa Schwangerschaftsbuch würde jetzt sagen, dass ich meine Mitmenschen nicht weiter mit Schwangerschaftsdetails quälen und belasten soll. Somit werden euch die nächsten SSWs häppchenweise präsentiert. Und das Kürzel SSW schleudere ich euch inzwischen so vor die Nase, als hätte es diese verlogenen Schwangerschaftsmonate nie gegeben. Ham ma wieder was gelernt!

Cupcakes zum Abschied...

Anbahnung von Jugendlichen an die Thematik
"schwangerer Mitmensch"

Jugendlicher: "Ey Miriam, du hast zugelegt!"
Miriam: "Ich bin schwanger, du Koffer!"
Jugendlicher: "Aha. Dann, viel Glück!"

Jugendlicher: "Wieso gibts das (deutete auf Cupcakes und Süßigkeiten)?"

Miriam: "Weil ich schwanger bin, ich geh in Karenz."
Jugendlicher: "Hääää?"
Miriam: "(deutet auf wirklich bereits äußerst runden Bauch) Ich krieg ein Baby!"
Jugendlicher: "Asoo!"

Um gleich voll in die Thematik einzusteigen, hier das Ereignis meines heutigen...oh, Verzeihung, inzwischen bereits gestrigen Tages: Mein letzter Arbeitstag bei einem von zwei meiner Jobs. Meine Tätigkeit als Streetworkerin ruht in der Babypause und dafür gabs heute eine kleine Babyparty in unserem Jugendbüro. Meine Vorbereitungen dafür bestanden im Backen von Cupcakes mit dem klingenden und ebenso passenden Namen "Death by Chocolate" und dem Einkaufen von essbaren Gummi-Schnullern. Die Herzen der Teens und Jugendlichen waren erobert, wenn sie auch teilweise trotz wachsendem Kugelbauch auch nach 6 Monaten keinen Plan hatten, was da vor sich geht. Nach einführenden und abermals erklärenden Worten von wegen Schwangerschaft, Babypause, Karenz (whaaat??) etc. an meine hauptsächlich männlichen Brees (kurdisch) und Bros wurde ich herzlichst mit "Viel Glück!" "Alles Gute!" und dem Highlight "Fröhliches Gebären!" beglückwunscht, bevor sie sich die nächsten drei Gummi-Schnuller in den Mund steckten.
Meine Arbeitskollegen, einer ein Bär von einem Mann, der andere ein tätowierter, langhaariger Rocker - beide vorzugsweise in freundlichem Schwarz gekleidet - überraschten mich mit einer quietschrosa Box, in denen sich ebenso quietschfarbene Cupcakes und Cakepops befanden. Dazu wurde mir noch eine selbstgebastelte Pop-up Karte und ein Geschenkgutschein überreicht. Mit buttercreme geschmierter Kehle gluckste ich herzerwärmte "Ohhhs" und "Ahhhhs". Das meine Kollegen (Anmerkung am Rande: es gibt nichts Besseres als die einzige Frau in einem kleinen Team zu sein!!!) großartig und superlustig sind, wusste ich schon bald nach meiner anfänglichen Skepsis gegenüber ihrem respekteinflößenden Äußeren. Aber DAS hat mich wirklich überrascht und entzückt zugleich. Auch die gespielte Traurigkeit über mein Ausscheiden durch die Jugendlichen tröstete und ehrte mich, obwohl ich weiß, dass diese Kids wie Goldfische sind - einmal umgedreht und schon haben sie meinen Namen vergessen. Ich habe diesen Job wirklich gern gemacht, hab ihn jetzt schweren Herzens verlassen müssen. Die Erinnerung an brilliante Konversationen und Hochleistungen jugendlichen Übermuts und Dummheit brachten und bringen mich zum Schmunzeln, manchmal zum Staunen (nicht im positiven Sinne).
Am Ende des Arbeitstage nahm ich meine vergangene Streetwork-Zeit in einer Klappbox mit nach Hause: 2 Fachbücher, eine puderrosa Cupcake-Box und einen Riesen-Textil-Fisch. Das war's.

Apropos (Gold-) Fisch, von dem in nur einem Text bereits schon zwei mal die Rede war und dem ich Vergesslichkeit unterstelle: diesen für mich bedeutungsträchtigen Tag schloss ich mit einer letzten Handlung ganz im Sinne der Schwangerschaftsdemenz ab, indem ich mir eine Notiz für den nächsten Morgen schrieb, auf der stand: "Cupcakes im Arbeitszimmer"

24. Oktober 2014

Bleibt alles anders...

Einige von Herbert Grönemeyers Zitaten begleiten mich in den unterschiedlichsten Lebenssituationen. So kann es gar nicht anders sein, dass es das auch in diesem Fall wieder tut - jetzt wo sich ALLES ändert...

Hallo, meine Name ist Miriam, ich bin 27 Jahre, verheiratet - und es bleibt alles anders. Ich dachte mir, es wäre nun an der Zeit, mir deshalb ein neues Hobby zu suchen. Da ich in näherer Zukunft viel Zeit zu hause verbringen werden, mich aber trotzdem allzugerne mit anderen austausche und mein Herz sozusagen auf meiner Zunge trage, dachte ich mir: "Blog schreiben, das wär' doch was!"

Und hier bin ich nun - am Blog schreiben mit Null Ahnung, was so ein Blog kann, will und tut. Achja, was ich vergessen habe, der Grund, warum denn alles anders bleibt ist ca. 35 cm groß, männlich, schwimmt gerne und teilt sich seit etwa 28 Wochen meinen Bauchraum mit Darm, Herzen und sonstigen Innereien. Nebenbei versucht er unbewusst, jedoch nicht minder hartnäckig jegliche andere Lebensthemen, die nichts mit ihm zu tun haben, aus meinen Gedanken zu manövrieren. Und was doch die Höhe ist, ich hab diesen Mitbewohner bereits jetzt schon wirklich lieb gewonnen. Ja, ich bin schwanger - und hab schon einiges erlebt. Und zwar solche Dinge, die zig Millionen Frauen auch schon erlebt haben. Also nichts Neues. Aber vielleicht doch ganz interessant...!?