Alles hat seine Zeit...Sein und Werden

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist: Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden. (Prediger 3, 1 - 8, die Bibel)

7. Oktober 2015

Die Vermessung der Welt...

Ja, der Titel ist gestohlen. Aber er passt halt gerade zu unserem aktuellen Lebensthema - die erwachende Mobilität. Meine kleine Robbe ist entwicklungstechnisch völliger Durchschnitt, so dass er jetzt "erst" allmählich beginnt zu lernen, wie man sich von A nach B bewegt. Warum das mit dem Durchschnitt erwähnenswert ist? Weil es jetzt schon beginnt, die Vermessung und Bewertung der Leistungen unserer Kinder. Krabbelt er schon? Was, nicht? Aber sitzen tut er ja schon alleine? Was, auch nicht? Was, deiner schon? Was, schon 6 Wochen lang? Tja - HA! Meiner hat dafür schon 2 ganze und 3 halbe Zähne - bäääääm! Ja so läuft das in etwa ab, bei der kompetitiven Elternschaftsolympiade. Nicht zu vergessen sind dann noch - Schläft er denn schon durch? Dicht gefolgt von den beiden stark auseinanderklaffenden Anfragen, je nach dem welchem Lager frau angehört: A) "Langsam sollte er aber schon ohne Flascherl durchschlafen und du kannst ihn doch nicht jede Nacht bei dir schlafen lassen, das gewöhnst du ihm doch nieeee wieder ab!" vs B) "Waaaas, du hast aus eurem Schlafzimmer kein Familienbett gemacht? Und das arme kleine Ding muss nachts in unerträglichen Ängsten in einem EIGENEN Zimmer verbringen?". Tja, ich bin da irgendwo dazwischen mit meinen Ansätzen. Einschlafen tut er in seinem Zimmer, aufwachen (das 4. bis 8. Mal) bei mir. Soviel dazu, wie wir Mamas uns vermessen (!) vermessen. Achja, ich vergaß eines unserer wichtigsten Themen in Sachen messen - 28 Kg trennen mich heute von dem Tag vor der Geburt - auch ein ganz wichtiges Müttermaß.
Aber eigentlich hatte ich bei dem Titel meinen robbenden Sohn vor Augen. Während er sich einige Wochen rollend in einem Areal von etwa 6qm fortbewegt, wird nun, mit ein wenig Motivation, die ganze Wohnung robbend entdeckt. Was muss das für ein Gefühl sein, sich endlich (fast) alles eigenständig ansehen zu können, sein Gebiet zu erkunden, sein Revier zu durchforsten. Es ist herrlich. Ich mag es auch. Obwohl mir gesagt wird: "Waaaarte nur bis er krabbelt, dann ist es aus mit der Gemütlichkeit". Ich finde es toll, auch wenn das Motivieren mir zu folgen und das Locken meiner Kätzchen starke Ähnlichkeit haben und das vielleicht etwas eigenartig ist (Ich ertappe mich öfter dabei, wie ich meinem Sohn ein lockende Schnalz-Schmatz-Laute zurufe, damit er mir nachrobbt). Es ist spannend sich von seinem Baby zeigen zu lassen, was in seiner Wohnung NICHT babysicher ist und noch adaptiert werden muss; Und wie toll es ist Ramsch-Boxen herauszuziehen, an Schuhbänder und Schuhsohlen zu kauen, sich beim Versuch Schubladen zu öffnen sich diese auf den Kopf zu knallen, an Türstopper zu lutschen und mit seinem Erbrochenem Malereien zu zaubern.
Bewusst wurden mir seine neuen Fähigkeiten in einer klassischen Situation, die mich ob ihres plakativen Erscheinens zum Schmunzeln, statt zum panisch Schreien brachten. Mama geht kurz aus Küche, Baby spielt am Wohnzimmerboden, Mama hört Geräusch einer fallenden und sich ihres Inhalts entledigenden Box und eilt ins Wohnzimmer zurück, Kind liegt neben Box (zu Österreichische Gramuri-Schochtl) und dessen am Boden verteilten Inhalt und versucht sich just in dem Moment eine Schere in den Mund zu schieben - classic. Keine Sorge, nix passiert. Mama lacht, Baby lacht mit - alles gut! Box weggeräumt, Kind und Mama etwas dazu gelernt. Mama hat gelernt, dass sie solche und ähnliche Dinge in nicht greifbare Ferne bringen muss, Baby hat gelernt, dass es schneller sein muss, wenn es an Messer, Gabel, Scherben oder Scheren lecken möchte. ACHTUNG - Sarkasmus! Frau Funkhouse passt auch wirklich gut auf ihr Baby auf. Ich habe doch schon längst einen Jahresvorrat an Steckdosendeckel, hässlichen IKEA-Kantenschutz-Händen und Schubladenverriegelungen angeschafft - schon vor Monaten, nur montiert müssten sie halt noch werden. Aber dafür reicht die Immobilität noch gerade so aus. Toll ist auch, dass unter unseren Regalen endlich wieder mal der Staub weggewischt wird. Mein Sohn macht das mit seinen Beinen, manchmal auch mit seinem Bauch. Weniger toll ist, dass die untersten 20 cm meiner Glas-Balkontür aussehen wie ein abstraktes Kunstwerk. Und ich geb zu, ich tu' mich etwas schwer mit abstrakter Kunst, so generell. Aber gut, ich bin da nicht so.
Mit dem achten Monat erleben wir also einen wahren Meilenstein im ersten Jahr mit Baby und es wird immer lustiger und unterhaltsamer mit ihm! Parallel zu seiner steigenden Mobilität entwickelt er auch seine Brabbelei weiter. Momentan arbeitet er an einem repetitiven, meditativen "Mamamamamamamamam", dass wie Musik in meinen Ohren klingt. Egal ob unwillkürlich oder nicht, jedes "Mamamamamamamam" beantworte ich solange mit "Ja, mein Mäuschen, ich bin deine Mama" bis zu dem Moment, in dem er sich zu mir dreht, mir in die Augen sieht und "Mama" sagt. Hach, wenn ich daran denke, fliegen Einhörner auf Regenbögen durch die Luft...ich werde davon berichten!