Alles hat seine Zeit...Sein und Werden

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist: Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden. (Prediger 3, 1 - 8, die Bibel)

5. Mai 2015

mom's first night out

Party, Drinks, eine wild durchtanzte Nacht mit den Mädels - das ALLES....hab ich nicht gemacht. Es war nur ein biederer aber lustiger Nachmittag/Abend mit anderen Damen unterschiedlichsten Alters - ABER, ich war weg. Ich war mehr als die seltenen zwei Stunden zwischen zwei Stillmahlzeiten getrennt von meinem Baby. Es war aufregend, es war neu, es roch nach neuen Möglichkeiten und - es tat ein bisschen weh.
Unser eingefrorener Muttermilchvorrat wurde das erste Mal angetastet und für unser Baby bedeutete der Tag hartes Flaschentraining und kalter Entzug von Mamas warmem Busen (Aber nur ausnahmsweise, nicht für immer - noch nicht).
Operation "cold turkey" ereignete sich wie folgt. Unauffällig, gewöhnliches Verhalten am Vormittag. Um die Mittagszeit bereitete mein Mann sein Magazin an Fläschchen und  einen Fläschchenwärmer vor - mit Bratenthermometer versteht sich. Und es dürfen auch nuuuuur die extra schweren Mama-Busen-ähnlichen-hard-work-Nuckel verwendet werden. Er soll ja nicht auf den Geschmack kommen, der junge Mann...
Ein gemeinsames Mittagsschläfchen mit Mama machte die Tarnung perfekt - na, gut, ich geb's zu - es war einfach super gemütlich und ich konnte meinen versäumten Nachtschlaf ein kleines bisschen nachholen. Ich schlich mich noch während Baby schlief aus dem Zimmer, klatschte bei Papa ab, dem offensichtlich die Erstmaligkeit des Ereignisses klar wurde und mir ein mit weit aufgerissenen Augen gebrülltes "AHHHHHH, jetzt gehts los" entgegnete. Ich verließ unser Zuhause und da stand ich - ein Gefühl wie nackt, wehmütig, wissend, dass ich mein Baby erst wieder in sechs Stunden (!!!) sehen würde und mit einem verschämten Fünkchen Hoffnung, dass Mamas Superkräfte benötigt werden, um das Chaos aufzuhalten, die Welt zu retten und die ganze Aktion zwischendrin abgeblasen werden müsste (ich war ja noch immer im selben Ort und schnell erreichbar). Die WalkieTalkies alias Handys waren auf Vibrationsalarmbereitschaft und ich war es auch.
Bei der Veranstaltung mit Kuchen und Tee angekommen fühlte sich das Ganze erstaunlich gut, frei und irgendwie aus grauen, kinderlosen Tagen bekannt vor. Weswegen sich auch sogleich ein schlechtes Gewissen breit machte.
Um die Geschichte kurz und schmerzvoll zu machen: Sehr bald flatterte eine SMS mit sinngemäßen Inhalt von meinem Mann "Fläschchen geext - gerülpst - zufrieden". Gefolgt von einem Selfie mit schlafendem Baby auf Papas Brust in der Babytrage. Dem wiederum folgten mehrere Nachrichten über die Stunden verteilt mit dem Inhalt "Superdad!", "I'm Superdad", "Unser Sohn hat einen Superdad", etc.
Es war also soweit - ich war ersetzt - erfolgreich abgelöst von einem Plastikfläschchen und meinem Mann. AUA! Ja, ich fühle mich als würde er übermorgen Matura machen und nächste Woche ausziehen, um mit seiner Extreme-Survival-Adventure-Sportler-Freundin nach Timbuktu durchzubrennen, um dort mit Kannibalen-Stämmen Klippen hinabzustürzen. So schnell geht das also. Ja, klar, es eröffnet neue Möglichkeiten, ich kann auch mal ins Kino gehen oder shoppen. Aber will ich das??? Mein after-baby-body ist doch (noch bzw. wird er es jemals sein??) nicht gesellschaftstauglich. Und was ich alles verpassen könnte!!! Vielleicht sagt er das erste Mal "Mama" und ICH VERPASSE ES!? Okay, okay, er ist drei Monate alt - was ich verpassen könnte, wären fünf Bäuerchen, ein bis zwei volle Windeln und ein paar gebrabbelt gesabberte Laute. Aber DAS verpass' ich!! Und vielleicht wird er es mir übel nehmen? Vielleicht möchte er ja nicht mehr gestillt werden, weil das mit der Flasche doch so viel einfacher geht? Die über stillende Mütter schwebende Gefahr namens Stillverwirrung lauert mir schon auf! Vielleicht will er nur mehr Papa's Nähe, wenn er weint...Wird er überhaupt noch wissen, wer ich bin??
Das Ende meines Loslass-Dramas war, dass ich heim' gekommen bin, mein Mann und ein Freund auf der Couch lümmelten und kurze Zeit später das Babyphon schrill, aber wie Musik in den Ohren, flüsternd brüllte "Mama, Mama, nur du allein. Nur du kannst meine Rettung sein". Also begab ich mich zu meinem engelhaft kreischenden Würmchen, legte mich zu ihm, stillte ihn, er trank als hätte es nie ein Fläschchen gegeben und wir taumelten in wiedervereinter Glückseligkeit.

Wen ich auf die Frage, wie es mir denn das erste Mal ohne Kind geht, mit einem kurzen "ganz gut, wenn's auch ein bissl weh tut" abspeiste, verzeihe mir. DAS sind die wahren Gefühle einer Erstlingsmama, die einen auf Mom's first night out macht.

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