Alles hat seine Zeit...Sein und Werden

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist: Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden. (Prediger 3, 1 - 8, die Bibel)

11. November 2014

Vom Schlüssel und Löffel Abgeben...

Wieso das Abgeben der beiden Gegenstände "Schlüssel" und "Löffel" und dessen Bedeutung im übertragenen Sinne in einem Zusammenhang stehen.


Heute ist Tag 2 meiner völligen Freistellung von meinen beiden Jobs aufgrund des Mutterschutzes (+Urlaub). Tag 1 war kein guter. So sollte sich auch gleich heute was ändern und der erste Schritt um ein Gefühl von "Vergammlung" zu vermeiden, war mich sogleich gegen Jogginghose und Schlabberpulli zu entscheiden und stattdessen morgens zumindest einkaufstaugliche Kleidung ohne out-of-bed-Beigeschmack anzuziehen. Klingt blöd, ist aber wirksam!

Ist es der Herbst und seine melancholisch, traurige Schönheit - ich werde nachdenklich, meine Posts auch. So kreisten meine Gedanken aus gegebenen Anlass (Anmerkung an mich selbst: mir sind die Anlässe immer gegeben, deswegen schreibe ich ja auch Posts darüber...) um zwei Umstände, die Lebensbeginn und dessen Ende in Verbindung bringen.

Es waren zwei Situationen, die so plötzlich ganz eng beieinander lagen. Zum Einen musste ich aufgrund meines Austretens aus der Arbeit zum zweiten Mal meinen Schlüssel abgeben. Was bedeutet: kein Zugang mehr = Verantwortung weiter gegeben = keine Verantwortung mehr über diesen Bereich. Das mit den Schlüsseln ist sowieso so eine Sache. Sie bedeuten Exklusivität, den exklusiven Zugang zu einem dir anvertrauten Bereich. Schlüssel bedeuten so betrachtet fast ein bisschen sowas wie Status und Macht. Habt ihr schon bemerkt, dass besonders wichtige, in verschiedenen Verantwortungen stehende Menschen, besonders viele Schlüssel haben? Tja, mein Schlüsselbund wird gerade immer magerer, so dass sich das daran befestigte Schlüsselband zum schnellen Finden fast nicht mehr auszahlt...naja, vielleicht zahlt er sich gerade durch seine magere Bestückung aus. Bezeichnend sind auch die verbleibenden Schlüssel: Haustüre, Rad, Auto. Das war's. Das sind also nun meine neuen Aufgabengebiete.
Interessanterweise ist ein Neuer dazu gekommen (yeahh!). Ich habe mit einigen Freunden einen Verein gegründet mit dem Namen "Weidenkorb - ein Verein zur Förderung und Stärkung einer positiven Eltern-Kind-Bindung", der sich damit auseinandersetzen möchte, jungen Eltern mit verschiedensten Angeboten unter die Arme zu greifen. Der Verein befindet sich noch in den Windeln (wie passend), doch wird ein nächstes Projekt sein, eine Kleiderkammer für die nachhaltige Verwendung von Kinderkleidung, Spielzeug und Babybedarf einzurichten. Dafür steht uns ein leerer Raum zu Verfügung und dazu hab ich gerade diese Woche einen Schlüssel bekommen. Ich fasse zusammen, meine Aufgabenbereiche sind nun: Haus, Rad, Auto, Babysachen-Kleiderkammer. Wie passend. Das ist die eine Geschichte zum Thema "Schlüssel abgeben".

Die andere ist die über das "Löffel abgeben". Die Redewendung kommt von dem alten Usus in ärmeren oder bäuerlichen Gesellschaften, dass ein jeder seinen eigenen Löffel für das Essen, welches in einem Topf mitten auf dem Tisch serviert wurde, hatte. Nur diesen benutzte er und legte ihn nach dem Essen an einen eigens dafür vorgesehenen Platz. Der persönliche Löffel bedeutete: persönlicher Zugang zu Essen = LEBENswichtig ergo Löffel abgeben (freiwillig oder unfreiwillig) = Sterben.
An dieser Stelle lässt sich schon feststellen, dass der Schlüssel und der Löffel doch irgendwie was gemeinsam haben...nein, so dramatisch sehe ich das auch nicht, ich sterbe jetzt nicht, weil ich meine Schlüssel abgeben muss...
Aber das Sterben, das hat etwas mit dem Abgeben zu tun. Das Abgeben von Verantwortung, das Abgeben von seinen vermeintlichen Rechten, Abgeben von Lebenszeit, Abgeben von Besitz und das Loslassen der eigenen Kraft und Stärke, sowie der Familie.
Dieses Wochenende wohnte ich einem sehr bewegenden Begräbnis eines lieben, zeitlebens sehr aktiven Menschens bei, der aufgrund eines heimtückischen Krebses in kürzester Zeit aus dem Leben gerissen wurde. Im Vorfeld machte sein Sohn eine Bemerkung, die mich zum Nachdenken brachte und mir bewusst machte, wie eng Geboren-Werden und Sterben doch beieinander liegen. Er sagte: "Ab der Geburt laufen die Uhren rückwärts". Das hat was Wahres. Es mag uns auf den ersten Blick etwas verstören, ist doch so ein Neugeborenes, schreiendes, kleines Bündel Mensch Ausdruck von Leben, Neubeginn und Hoffnung. Es hat aber so gar nichts Verstörendes, weil es einfach so ist. Wir werden geboren, gepflegt, sind zu Beginn von der Liebe und Pflege unserer Eltern angewiesen, wir wachsen, wir bekommen Verantwortung, wir gewinnen an Kraft und setzen diese für uns selber und für andere ein, wir nennen Dinge "unser" und "mein", wir kämpfen für unsere Rechte und unseren Besitz - und dann - irgendwann - keiner weiß, wann und das ist gut so, verläuft die Lebens-Kurve wieder nach unten. Verantwortungen werden abgegeben, die Kraft lässt nach, wir stellen Rechte und Besitz in Frage, wir müssen Loslassen bis wir wiederum auf die Liebe und Pflege unserer Lieben angewiesen sind...und dann? Also für mich endet mein Leben, so wie begonnen hat: aus Gottes Armen in Gottes Arme. Und DESWEGEN ist dieses Rückwärtslaufen, welches in Wirklichkeit keines ist, da die Uhr ihre Kreise zieht und ihren Weg immerzu wiederholt, ist diese Kurve keine Auf- und Abwärtsbewegung, sondern Symmetrie. Und diese Zyklen des Lebens, die sich im Leben unserer Lieben aus den vorherigen Generationen und der Generationen nach uns zusammensetzen, ergeben eine Zierleiste, ergeben Puls, ergeben Lebendigkeit.

So ist es gut und richtig, dass Geboren-Werden und Sterben so nahe beieinander liegen.
Was zählt ist, was ich dazwischen mache, zu wem ich mich halte, an was ich glaube, wofür ich kämpfe und worauf ich mich am Ende berufe...und in wessen Hände ich mich am Ende begebe. Kann ich mich dann fallen lassen und sind es liebende und auffangende Hände?

Alles hat seine Zeit

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist:
Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten.
Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen.
Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen.
Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden.
Was also hat der Mensch davon, dass er sich abmüht?
Ich habe mir die Arbeit angesehen, die Gott den Menschen gegeben hat, damit sie sich damit plagen.
Gott hat allem auf dieser Welt schon im Voraus seine Zeit bestimmt, er hat sogar die Ewigkeit in die Herzen der Menschen gelegt. Aber sie sind nicht in der Lage, das Ausmaß des Wirkens Gottes zu erkennen; sie durchschauen weder, wo es beginnt, noch, wo es endet.
Dadurch wurde mir klar, dass es das Beste für den Menschen ist, sich zu freuen und das zu genießen, was er hat.
Denn es ist ein Geschenk Gottes, wenn jemand isst und trinkt und sich über die Früchte seiner Arbeit freuen kann.
Mir ist auch klar geworden, dass alles, was Gott tut, endgültig ist: Nichts kann hinzugefügt und nichts kann weggenommen werden. Gott handelt so, damit die Menschen Ehrfurcht vor ihm haben.
Alles, was heute ist, besteht schon seit langer Zeit, und alles, was in Zukunft sein wird, hat bereits in der Vergangenheit existiert. Denn Gott holt wieder hervor, was in der Vergangenheit gewesen ist. 
(Prediger 3, 1-15)


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